Van grote Klaasohms,
lüttje Deiern un ein Stutekeerl
Von großen Klaasohms,
kleinen Tieren und einem Stutenkerl
(Nikolausgebäck)
Wi utwussen Menskenkinder meinen alltied, dat wi
de Besten bin un alles weiten, wat in de wiede
Wereld gebört. Man stuuv um uns tau koomen wi
neit so recht d’r achter, hauvöl Aventüren sück
offspölen in de heerleke Natür um uns tau. Dat lüttje
Deiern neit unnösel bin, will uns grote Lü neit in de
Verstand. Un hau seej sück helpen könen, as d’r ein
Mellör is, dat begriepen wi neit.
Wir ausgewachsenen Menschenkinder meinen
immer, dass wir die Besten sind und alles wissen,
was in der weiten Welt passiert. Aber direkt bei uns
kommen wir nicht so recht dahinter, wie viel
Abenteuer sich abspielen in der herrlichen Natur um
uns herum. Dass kleine Tiere nicht dumm sind, will
uns großen Menschen nicht in den Verstand. Und
wie sie sich helfen können, wenn da ein Missge-
schick (Unglück) ist, das begreifen wir nicht.
Anderlessens hett mi ein Heer vertellt, wat heej
sülvst beleevt hett. Dat heit, heej was in de Benaate,
man keek as Jan-van-feern tau un hett lüstert. Daar
was ein lüttje Strandloper, eine van dej Ssoort dej
alltied so iewerg over de Sand lopen an de
Strandskante, Sanderling off Grindelk neumen hum
uk de Lü. Tiss ein paar Weeke her, daar was heej dör
de harde Wind over de Kopp flogen un harr sück de
Necke verstuukt. Heej harr düchdeg Piene, man heej
wuss, well hum helpen kunn.
Neulich hat mir ein Herr erzählt, was er selbst
erlebt hat. Das heißt, er war in der Nähe, aber
guckte wie Jan-aus-der-Ferne zu und hat gelauscht.
Da war ein kleiner Strandläufer, einer von der
Sorte, die immer so behände über den Sand laufen
am Strand, Sanderling oder Grindelk nennen ihn die
Leute. Es ist ein paar Wochen her, da war er durch
den harten Wind über den Kopf geflogen und hatte
sich den Nacken verstaucht. Er hatte ordentlich
Schmerzen, aber er wußte, wer ihm helfen konnte.
In de Benaate van de Olde Toorn harr de Kattuule
sien Hunk un dit Deier wuss alltied Hülpe. Dej grote
Vogel mit dat utstroken Gesicht namm hier ein bitje
Gras un daar ein paar Helms, plückde van Buss un
Tacken versichdeg Bladen un Beejen, smeet alles in
ein Pott. Mit de Sleiv fievmal reuern, tweej Dage
liggen laten un dann versichdeg dört Halsgatt
glieden laten un in ein kaart Settje was de Kranke
weer flügg.
n der Nähe des Alten Turmes hatte die Waldohreule
ihr Quartier und das Tier konnte (wusste) immer
helfen. Der große Vogel mit dem regungslosem
Gesicht nahm hier ein wenig Gras und dort ein paar
Halme, pflückte vom Busch und den Zweigen
vorsichtig Blätter und Beeren, warf alles in einen
Topf. Mit dem Schöpflöffel fünfmal rühren, zwei
Tage liegen lassen und dann vorsichtig durch die
Kehle gleiten lassen und in kurzer Zeit war der
Kranke wieder munter.
So was dat uk mit de Kötelduumke, ein Handjevull
van Vogel, man alltied kregel un gaud binander. Dat
lüttje Vogelke harr siet Dagen Lievpien un was recht
labeit. Uk hier hett de Kattuule Hülpe geven un
Kötelduumke hett van Harten Dank seggt.
So war es auch mit dem Zaunkönig, eine Handvoll
Vogel, aber immer lebhaft und gut beieinander. Das
kleine Vögelchen hatte seit Tagen Leibschmerzen
und war recht krank. Auch hier hatte die Eule Hilfe
gegeben und der Zaunkönig hatte aus tiefstem
Herzen Danke gesagt.
Uk de lüttje Spiekermuus was bi de Kattuule an de
rechte Stee. Nu seih ik all dat de Mensken de Oogen
verdreihen un seggen, dat Musen alltied för de
Kattuule ein lecker Mahltied bin. Man ji mutten
bedenken, dat de Kattuule all hoog an Jahren was un
neit mehr so gau achter de Musen anfleigen kunn un
so hett unse Kattuule dat Jagen nalaten. Un hett de
Spiekermuus hulpen, dej mit de Steert fastsatt un
ein dicke Swelle an de Achtersiet harr.
Auch das kleine Mäuschen war bei der Eule an der
richtigen Stelle. Nun sehe ich schon, dass die
Menschen die Augen verdrehen und sagen, dass
Mäuse immer für die Eule eine leckere Mahlzeit ist.
Aber ihr müsst bedenken, dass die Eule schon hoch
an Jahren war und nicht mehr so schnell hinter den
Mäusen fliegen konnte und so hat unsere Eule das
Jagen nachgelassen. Und hat dem Mäuschen
geholfen, die mit dem Schwanz festsaß und eine
dicke Entzündung an der Rückseite hatte.
De Strandloperke, dat Kötelduumke un de lüttje
Spiekermuus wassen gaude Fründen un alle veier
Weeke, de erste Middeweek in de Maand kwammen
seej binander. Bi de lüttje Kaap, dat lagg neit so wiet
weg van de Strand un uk neit van’t Dörp. Seej
vertellten, wat seej in letzde Tied beleevt harrn un
wassen sück eineg: dat Leven is neit mackelk.
Kötelduumke bleev uk winters up’t Eilandje, t’gaff
alltied leive Mensken, dej in kolde Maanden ein bitje
wat over harrn. Uk de Strandlooper funn noch
meisttied ein bitje wat Leckers, bloot vör Iis un
Sneej was heej bang. De Spiekermuus muss in de
Harvst düchdeg binander haalen, um dör de Winter
tau koomen. Un boven up de Kaap satt de Kattuule,
lüsterde un see sülvst gein Woord. Ein fiene oldere
Heer, dej in sien eigen Welt leevde.
Der Strandläufer, der Zaunkönig und das kleine
Mäuschen waren gute Freunde und alle vier
Wochen, den ersten Mittwoch im Monat kamen sie
zusammen. Bei dem kleinen Kap, das lag nicht so
weit weg vom Strand und auch nicht vom Dorf. Sie
erzählten, was sie in letzter Zeit erlebt hatten und
waren sich einig: das Leben ist nicht einfach. (Der)
Zaunkönig blieb auch im Winter auf dem Eiland, es
gab immer liebe Menschen, die in kalten Monaten
ein wenig über hatten. Auch der Strandläufer fand
noch oft ein wenig Leckereien, nur vor Eis und
Schnee war er ängstlich. Das Mäuschen musste im
Herbst ordentlich zusammen holen, um durch den
Winter zu kommen. Und oben auf dem Kap saß die
Eule, lauschte und sagte selbst kein Wort. Ein feiner
älterer Herr, der in seiner eigenen Welt lebte.
An disse Middeweek, de erste in Dezembermaand,
mörgens up Tied, leip dat neit so mit. Kötelduumke
kwamm up Tied un verfehrde sück haast up de
Dood. Daar hung eine tegen de hollten Pahlen, was
neit groot un uk neit lüttjet. Ein runde Kopp, tweej
Arms, tweej Beinen, ein Rock an mit grote Knoopen
un ein allemachdege Piepe. Ein Rooker. Uk dat noch.
Man heej see nix. Wat was dat för ein raar Deier? Uk
de Strandloperke harr so ein Figök noch noit seihn.
Spiekermuus kwamm dranfleigen un harr de Nöse
futt heil boven: Wat ein lecker Gör! Benaud was
Spiekermuus neit. Heej gung driest up dat Scheppsel
daal un was an ruken: Dat kunn wall Stute wesen un
de Knoopen bin Krinten. Wat lecker! Sull ik d’r even
in bieten?
An diesem Mittwoch, der erste im Dezember(monat),
frühmorgens, lief das nicht so mit. (Der) Zaunkönig
kam beizeiten und erschrak sich beinahe bis auf den
Tod. Da hing einer gegen die Holzpfähle, war nicht
groß und auch nicht klein. Ein runder Kopf, zwei
Arme, zwei Beine, ein Rock mit großen Knöpfen und
eine gewaltige Pfeife. Ein Raucher. Auch das noch.
Aber er sagte nichts. Was war das für ein merk-
würdiges Tier? Auch der Strandläufer hatte noch nie
so eine seltsame Gestalt gesehen. Das Mäuschen
flog herbei und hatte die Nase sofort ganz oben:
Welch ein leckerer Geruch! Ängstlich war das
Mäuschen nicht. Es ging dreist auf das Geschöpf los
und roch: Das kann wohl Weißbrot sein und die
Knöpfe sind Korinthen. Was lecker! Soll ich da eben
reinbeißen?
Laat de Fingers d’r van, see miteins ein deipe
Stemme van boven. Kattuule keek na beneden: Ik
weit wat dat för ein raar Dingereis is. Dat is ein
Stutenkeerl. Dat maken de Klaasohms för de lüttje
Menskenkinder. Vandage is Middeweek, de fievde
Dezember un up Börkum fieren seej dat grote
Fesche un morgen fraug, heil up Tied, brengen de
Klaasohms de lüttje Kinderkes – man blot dej, dej
leiv west bin – ein Stutenkeerl un ander Slickereen.
Ik kunn mi wall denken, see de Kattuule, dat de
Klaasohms de Stutenkeerl verloren hebben. För jau
is dej seker neit.
Lass die Finger davon, sagte plötzlich eine tiefe
Stimme von oben. (Die) Eule guckte nach unten: Ich
weiß was das für ein merkwürdiges Ding ist. Das ist
ein Stutenkerl. Das machen die Klaasohms für die
kleinen Menschenkinder. Heute ist Mittwoch, der
fünfte Dezember und auf Borkum feiern sie das
große Fest und morgen früh, ganz zeitig, bringen
die Klaasohms den kleinen Kindern - aber nur
denen, die lieb gewesen sind - einen Stutenkerl und
andere Schleckereien. Ich kann mir wohl denken,
sagte die Eule, dass die Klaasohms den Stutenkerl
verloren haben. Für euch ist das sicher nicht.
Miteins trillde de Grund. Sware Treden kwammen
nahder. De Strandloperke un dat Kötelduumke
verstoppden sück achter ein Pahle, Spiekermuus
funn ein lüttje Gatt under’t Kaap. Tweeej Keerls, so
groot as Booms, kwammen anstappen, mit ein lange
witte Rock an, swarte Stevels un ein Gebellskopp
mit allemachdege Flögels van groote Kaaben boven
drup. Bitau leip noch ein keerlachdeg Froumenske,
dej neumten seej Wiefke. Dat wassen de Klaasohms
un seej harrn sück in de Haaren: Du Unnösel, see dej
eine tegen de ander, ik hebb di alltied seggt, du sallt
neit mit de Schuuvkaare so gau um de Hauk fleigen,
nu mutten wi de heile Padd offlopen, umdat du
Stutenkeerls verloren hest.
Plötzlich bebte der Boden. Schwere Tritte kamen
näher. Der Strandläufer und der Zaunkönig
versteckten sich hinter einem Pfahl, das Mäuschen
fand ein kleines Loch unter dem Kap. Zwei Kerle, so
groß wie Bäume, kamen angestapft, mit einem
langen weißen Rock, schwarzen Stiefeln und einer
Maske mit gewaltigen Flügeln von großen Möven
oben drauf. Daneben lief noch eine männliche Frau,
den nannten sie Wiefke. Das waren die Klaasohms
und sie hatten sich in den Haaren: Du Dummkopf,
sagte der eine zum anderen, ich habe dir immer
gesagt, du sollst nicht so schnell mit der Schubkarre
um die Ecke fliegen, jetzt müssen wir den ganzen
Pfad absuchen, weil du den Stutenkerl verloren
hast.
Hör up tau lüllen, was de ander Klaasohm an bölken,
du mit dien laame Flunke un dien pienelke Fauten
kummst ja haast gein Stapp vörut. Wull man up di
wachten, luuren de Börkumers noch um Neejahr up
Klaasohm. Nu hollt man Freede, see dat Wiefke, wi
hebben noch büllten Drockde. Wi mutten na dat
grote Kaap taurügg, de Junges van de Verein komen
all mit Skuppe un Spaa un willn uns utgraven. Hören
ji all de Hoorns, de Düwelsgeigen un de Büssen an’t
rappeln? Griep de Stutekeerl un legg hum versich-
deg up de grote Büllte, umdat wi mörgen fraug
nümege Kinderoogen seihn.
Hör auf zu faseln (dummes Zeug reden) brüllte der
andere Klaasohm, du mit deinem lahmen Arm und
deinen schmerzenden Füßen kommst ja keinen
Schritt voraus. Wollte man auf dich warten, lauern
die Borkumer noch um Neujahr auf den Klaasohm.
Nun haltet mal Frieden, sagte das Wiefke, wir
haben noch viel Hochbetrieb. Wir müssen zum
großen Kap zurück, die Jungs vom Verein kommen
schon mit Schaufel und Spaten und wollen uns
ausgraben. Hört ihr schon die Hörner, die
Teufelsgeigen und die Dosen am rappeln? Pack den
Stutenkerl und lege ihn vorsichtig auf den großen
Haufen, damit wir morgen früh allerliebste
Kinderaugen sehen.
Un gau wassen seej weer um de Hauk. Kötelduumke
un Strandloperke keken staff un wassen ein bitje
benaud. Dat bin de Klaasohms? Dej Baul willn wi
vanavend bekieken. Off de Klaasohm wall uk för mi
ein Stutekeerl over hett?, fragde de Spiekermuus.
Wiss neit, see de Kattuule, dat is wat för lüttje
Menskenkinder, man bloot as seej hör Sprökje
kennen:
Und schnell waren sie wieder um die Ecke.
Strandläufer und Zaunkönig guckten erstaunt
(fassungslos) und waren ein wenig ängstlich. Das sind
die Klaasohms? Die Sache wollen wir uns heute
abend begucken. Ob der Klaasohm auch wohl für
mich einen Stutenkerl über hat? fragte das
Mäuschen. Bestimmt nicht, sagte die Eule, das ist
etwas für kleine Menschenkinder, aber nur wenn sie
den Spruch kennen:
Sünderklaas, du gaude Blaut,
geev mi ‘n Stückje Zuckergaud,
neit tau völ un neit tau minn,
smiet man tau de Sköstien in!
Mit ein Endje Band daran,
dat ik’t gaud berecken kann.
Nikolaus, du gutes Blut,
gib mir ein Stückchen Zucker(gut),
nicht zu viel und nicht zu wenig,
wirf es ruhig in den Schornstein!
Mit einem Stückchen Band daran,
damit ich es erreichen kann.