Klaassohm - hier up an!
Ut unse Kindertied
Klaasohm - hier her
Aus unserer Kinderzeit
Klaassohm, de hoogste Fierdag in't Jahr!
Klaasohm - der höchste Feiertag im Jahr.
Wi, de Kinder, wassen noch lüttjet, gungen noch neit
na de Skaule.
Wir, die Kinder, waren noch klein, gingen noch
nicht zur Schule.
Man in disse Tied, daar lagg wat in de Lücht, heil wat
Besünders.
Aber in dieser Zeit lag etwas in der Luft, etwas ganz
Besonderes.
Dagen vörtied, bi ein Loopke over de Strand,
kwammen wi uk an dat groote Kaap.
Tage vorher, bei einem Spaziergang über den
Strand, kamen wir auch an das große Kaap.
Kiek, see Vader, daar liggen seej under, de groote
Klaasohms. So ein bitje gruselk was eine all
taumaude un wi Kinder gungen in ein Boge an dat
Kaap vörbi.
Sieh, sagte Vater, da liegen sie drunter, die großen
Klaasohms. So ein wenig gruselig war einem schon
zumute und wir Kinder gingen in einem (großen)
Bogen an dem Kaap vorbei.
Un ein Dag för Klaasohm see Mauder: Hest dien
Teller uk all upstellt bi de Verwandtskupp, bi de
Tanten?
Und einen Tag vor Klaasohm sagte Mutter: Hast du
deinen Teller auch aufgestellt bei der Verwandt-
schaft, bei den Tanten?
Mit ein Greunkohlblatt un ein Schiewe Swartbrood
van Oma gung dat ankerup. De Teller kwamm in de
Benaate van't Fenster, daar kann de Klaasohm hum
futt griepen. Dat Swartbrood is för hum un de
greune Kohl för sien Peerd! Man bit vandage hebb ik
noit ein Klaasohm up Peerd seihn.
Mit einem Grünkohlblatt und einer Scheibe
Schwarzbrot von Oma ging es los. Der Teller kam in
der Nähe vom Fenster, da kann Klaasohm sie
schnell greifen. Das Schwarzbrot ist für ihn und der
grüne Kohl für sein Pferd. Aber bis heute habe ich
noch nie einen Klaasohm auf einem Pferd gesehen.
Hebben de Olden uns för Narr brukt? An de Mörgen
na Klaasohm gungen de Kinder weer na de
Verwandtskupp. Un wiss: greune Kohl un
Swartbrood was weg un up de Teller lagg ein
Stutekeerl, off Klaasohm up Peerd (kiek: doch ein
Peerd!) un mennegmal uk ein Bankettname mit de
erste Buchstabe van dien Vörname.
Haben die Eltern uns zum Narren gehalten? Am
Morgen nach Klaasohm gingen die Kinder wieder
zur Verwandtschaft: und siehe (ganz bestimmt), der
grüne Kohl und (das) Schwarzbrot war weg und auf
dem Teller lag ein Stutenkerl oder Klaasohm auf
dem Pferd (guck mal: doch ein Pferd) und manchmal
auch ein Bankettname mit dem ersten Buchstaben
von deinem Vornamen.
Un dann wassen de Olden an't akkedeiern: Sall de
Klaasohms binnen komen off neit? Heil frauger, so
vertellen de olde Lü, kwamm Klaasohm in völe
Husen. De Familie satt achtern in de Köken tau
wachten, de Vördör was open. Un dann sware
Treden dör de lange Flur un dann stunnen seej da,
groot un steweg, mit ein allemachdege Helm mit
Kabejuken. Lelk wassen de Klaasohms noit,
leivhardeg bi Kinder un olde Lü. Un dann mussen de
Kinder hör Gedicht upseggen, daar luurt de
Klaasohm up:
Und dann waren die Eltern am diskutieren: Soll der
Klaasohm rein kommen oder nicht? Ganz früher, so
erzählten die alten Leute, kam (der) Klaasohm in
viele Häuser. Die Familie saß hinten in der Küche zu
warten, die Vordertür war offen (nicht abgeschossen).
Und dann schwere Tritte durch den langen Flur und
dann standen sie da, groß und kräftig, mit einem
riesigen Helm mit Mövenflügel. Böse waren die
Klaasohms nie, und liebherzig zu Kindern und alten
Leuten. Und dann mussten die Kinder ihr Gedicht
aufsagen, da wartete der Klaasohm drauf.
Sünderklaas du gaude Blaut,
geev mi ein Stückje Zuckergaud,
neit tau völ un neit tau minn,
smiet man tau de Schöstien in!
Mit ein Endje Band daran,
dat ik't uk berecken kann!
Sünderklaas, du lieber Kerl,
gib mir ein Stückchen Zuckergut,
nicht zu viel und nicht zu wenig,
wirf es in den Schornstein rein!
Mit ein Stückchen Band daran,
dass ich es auch erreichen kann!
Dat Sprökje kunn ik uk. As lüttje Fent stunn ik bi
Zimmermann - tegenover van't Raadhuus - in de
Winkel, in de Laden, as de Klaasohm drinbrusen de,
kwamm ik neit wieder as dreej off veier Woorden,
daar harr ik all ein Stück Moppe in de Mund, dat ik
nix mehr seggen kunn. Uk bi Hofferbert was de
Laden over lange Jahren noch open. För de
Klaasohms un vör ander Lü. De Keerls kregen ein
Söpke, de Kinder ein Kaukje.
Diesen Spruch kannte ich auch. Als kleiner Junge
stand ich bei Zimmermann - gegenüber vom
Rathaus - im Lebensmittelgeschäft (Winkel -
holländisch), als der Klaasohm reinstürmte, kam ich
nicht weiter als drei oder vier Worte, da hatte ich
schon ein Stück Moppe (Sirupgebäck) im Mund, dass
ich nichts mehr sagen konnte. Auch bei Hofferbert
war der Laden {Eisenwaren, Strandbedarf usw., gegenüber
dem ehemaligen Central-Hotel am Rathaus} über viele Jahre
noch offen. Für die Klaasohms und für andere Leute.
Die Männer bekamen ein kleinen Schnaps und die
Kinder einen Keks.
Was ik bi Tante Klasina un Onkel Georg in dat Huus
van Johann Drost un de Onkel kwamm van de Firma
- dat was de Kleinbahn- see heej: Ik hebb seihn, dat
de Junges de Klaasohms utgraven hebben. Nu
mutten seej sück hemmeln, achteran utmaken,
well't Seggen hett un dann sall seej wall futt komen.
War ich bei Tante Klasina und Onkel Georg in dem
Haus von Johann Drost und der Onkel kam von der
Firma - das war die Kleinbahn - sagte er: ich habe
gesehen, dass die Jungens den Klaasohm ausge-
graben haben. Nun müssen sie sich säubern,
hinterher abmachen, wer das Sagen hat und dann
werden sie wohl gleich kommen.
Mien Mauder - ik was all bi de Lüttjen - leit de
Klaasohms uk binnen, man bloot de Mauders mit hör
Kinder. Moij leit dat Bild as dej Lüttjen mitnander in
de Köken satten - mit grote Ogen un Hartjepuckern.
Meine Mutter - ich war schon bei den Kleinen
(Klaasohms) ließ den Klaasohm auch rein, aber nur die
Mütter mit ihren Kindern. Schön sah das Bild aus,
wenn die Kleinen zusammen in der Küche saßen,
mit großen Augen und Herzklopfen.
De oldere Börkumer Heeren satten in de Kraug. "De
Klaasohm kummt, Glasen van de Tavel!" Dat kunn
wall mal geböhren, dat in all dat Gedrüüs wat
klatten gung, man noit maudwilleg.
Die alten Borkumer Männer saßen in der Kneipe.
"Derr Klaasohm kommt. Gläser vom Tisch!" Das
konnte schon mal passieren, dass bei dem
Gedränge etwas kaputt ging, aber nie mutwillig.
Dat liggt ja nu Jahren taurügg un de Tied kann man
noit taurügg dreihen. Man dat is doch alltied weer
moij, as de Klaasohms mit dat jentege Wievke
anfleigen kummt, mit de Hoorn tau tuten un de
Büssen tau rappeln un de heerleke Düwelsgeigen.
Das liegt ja nun Jahre zurück und die Zeit kann man
nicht zurückdrehen. Aber es ist doch immer wieder
schön, wenn die Klaasohms mit dem beweglichen
Wievke angestürmt kommen, mit den Hörner zu
tuten und den Dosen zu rappeln und den herrlichen
Teufelsgeigen.
Un as d'r noch olle Fründen van de faste Walle bin,
dej man lang neit seihn hett, dann tinkeln uk bi olde
Keerls de Ogen. Tiss ein büllte Volk up Padd, mehr
as frauger, un as seej all mitnander ein bitje
verstandeg bin un Bott maken un sück neit in de
Klatten kriegen, dann sall dat wall dit Jahr heil moij
wesen,
Und wenn das noch Freunde vom Festland sind, die
man lange nicht gesehen hat, dann glänzen bei den
alten Kerlen die Augen. Es sind viele Leute auf der
Straße, mehr als früher, und wenn sie alle Ver-
ständnis haben und Platz und sich nicht in die Wolle
kriegen, dann wird es dieses Jahr bestimmt wieder
schön werden,
de Börkumer Klaasohm.
der Borkumer Klaasohm.