Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 T O P T O P
Ebene 4
Der folgende plattdeutsche Beitrag erzählt zwei kleine Anekdoten von einer erwartungsvollen Fischmahlzeit sowie dem unnatürlichen Schwund des Sonntagsbratens.
Lecker Fiss un de Sönndagsbraa  Lecker Fiss un de Sönndagsbraa
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
Sprachausgabe des plattdeutschen Textes!
Start der Sprachausgabe: Mausklick auf das obige Dreieck
Lecker Fiss
Leckerer Fisch
Heej was ein oldere Börkumer Heer, leevde alläne, un was Skaumaker. Tegen Beier un Söpkes see heej neit van Nee, man heej kwamm anders gaud taurecht. Sien beide grote Junges leevde uk up't Eiland, man so heil faak sagg heej hör neit.
Er war ein älterer Borkumer Herr, lebte alleine, und war Schuhmacher. Zu Bier und Schnäpsen sagte er nie Nein, aber sonst kam er gut zurecht. Seine beiden großen Jungs lebten auch auf der Insel, aber so oft sah er sie nicht.
Da see de Olle tegen sien Junges: Freidag könen ji bi mi koomen, gifft Fiss! Ja, wall lecker. Koken un braden kunn Vader wall.
Da sagte der Alte zu seinen Jungs: Freitag könnt ihr zu mir kommen, gibt Fisch! Ja, sehr lecker. Kochen und braten konnte der Vater wohl.
An de Freidag wassen de Junges up Tied da, man van Vader wass nix tau seihn.
An dem Freitag waren die Jungs zeitig da, aber vom Vater war nichts zu sehen.
Dat is ja gediegen, heej hett uns doch inladen. Waar sitt de Olle weer. Seker in de Kraug. Un van Fiss is uk nix tau seihn. Keulskapp leeg, nargends lagg wat. Kein Röök in de Köken.
Das ist ja merkwürdig, er hat uns doch eingeladen. Wo sitzt der Alte wieder. Sicher in der Kneipe. Und vom Fisch ist auch nichts zu sehen. Kühlschrank leer, nirgends liegt etwas. Kein Geruch in der Küche.
Dat dürde tiedstieden, daar kwamm Vader anstappen. Waar bliffst du? Wi wachten hier mit Geejhunger up de Fiss, dej du uns verproot hest! Hest du uns för Narr brukt? Waar is de Fiss?
Es dauerte eine ganze Weile, da kam der Vater (gelaufen). Wo bleibst du? Wir warten hier mit großem Hunger auf den Fisch, den du uns versprochen hast! Hast du uns zum Narren gehalten? Wo ist der Fisch?
De OIle see nix, gung na de Keulskapp - un haalde ein Büsse mit Ölsardinen vandag.
Der Alte sagte nichts, ging zum Kühlschrank - und holte eine Dose mit Ölsardinen heraus (zutage).
Hier! Heil lecker Fiss!
Hier! Ganz leckerer Fisch!
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
Sönndagsbraa
Sonntagsbraten
Frauger was dat Sönndagseten alltied wat besünders. Feine witte Tuffel, lecker Gemüse un ein fix Stückje Fleiss, dat mutt Sönndag up de Tavel. Man sönndags is uk Karktied un so mutt de Braden saterdags all in de Pott, umdat man de koomende Dag bloot noch upwarmen mutt.
Früher war das Sonntagsessen immer etwas Besonderes. Feine weiße Kartoffeln, leckeres Gemüse und ein ordentliches Stück Fleisch, das musste am Sonntag auf den Tisch. Aber sonntags ist auch Kirchzeit und so musste der Braten samstags in den Topf, damit man ihn am kommenden Tag nur noch aufwärmen musste.
Tweej Börkumer junge Keerls, wassen Saterdag avend düchdeg an Land west un harrn büllte Beier in't Liev, man midden in de Nacht uk allemachdeg Hunger. Wat nu, winterdags gaff dat in de Kraugen nix för't Mess. Miteins kwamm eine van de Junges de Gedanke an de Sönndagsbraa in de Pott in't olderlike Huus.
Zwei junge Borkumer Kerle, waren Samstagabend ordentlich auf Tour (an Land) gewesen und hatte etliche Biere im Bauch, aber mitten in der Nacht auch gewaltigen Hunger. Was jetzt, im Winter gab es in den Kneipen nichts zu essen (für das Messer). Plötzlich kam einer von den Jungs der Gedanke an den Sonntagsbraten im Topf im elterlichen Haus.
Heil vesichdeg, up Toontjes, tau de Achterdör in, Vader un Mauder laggen all lang in't Nüst. Up hooge Socken in de Köken, Decksel van de Pott, ein heil lecker Röök.
Ganz vorsichtig, auf Zehenspitzen, zur Hintertür rein, Vater und Mutter lagen schon lange im Bett (im Nest). Ohne Schuhe, auf Socken in die Küche, Deckel vom Topf, ein sehr leckerer Geruch.
Man wat nu? Dat dors ja kein Lücht lieden un keineine sull d'r achter komen.
Aber was jetzt? Das sollte niemand wissen (nicht ans Licht kommen).
Börkumer Junges weiten sück alltied tau helpen. Tweej grote Gabels van de Sied in dat dicke Fleisstück, umhoog tillen, un dej ander mit ein skarp Mess muss ein dick Stück van de Undersiet droff snieden. Un dann dat Fleiss weer versichdeg in de Pott glieden laten.
Borkumer Jungs wissen sich immer zu helfen. Zwei große Gabeln von der Seite in das dicke Fleisch- stück, hoch heben, und der andere mit einem scharfen Messer muss ein dickes Stück von der Unterseite abschneiden. Und dann das Fleisch wieder vorsichtig in den Topf gleiten lassen.
Hett hör wall mundjet, dej beiden. Sönndag middag bi't Eeten see Mauder: Ik weit neit, dat Fleiss is uk neit mehr so as frauger. Waart all lüttjeder bi braden!
Hat ihnen sehr gut gemundet, den beiden. Sonntag mittag beim Essen sagte Mutter: Ich weiß nicht, das Fleisch ist auch nicht mehr so wie früher. Wird immer kleiner beim braten!
Borkum Borkum