Am 1. September mittags war die Besatzung der Festung zur Feier der Enthüllung in
einem großen, nach dem Denksteine offenen, Viereck auf dem Emmichplatze in
Paradeaufstellung versammelt, die der Regimentskommandeur des Ldst.=Inf.=Reg.
41, Herr Major Huber, leitete. Auch der Kriegerverein von Borkum war in einer
stattlichen Anzahl ehrwürdiger Herren im schwarzen Rock mit ihren Orden und
Ehrenzeichen zur Stelle. Wehende Fahnen, leuchtende Blumen und Blumengewinde
schmückten den Festplatz. Aller Augen hingen gespannt an der Hülle um den
Gedenkstein. Punkt ein Uhr erschien der Herr Kommandant mit Ihrer Exzellenz, der
Frau General von Emmich. Nachdem der Herr Kommandant die Meldung des Herrn
Major Huber entgegengenommen hatte, begrüßte er jeden einzelnen der alten
Herren des Kriegervereins mit kräftigem Handschlag. Kurz danach traf der
Sonderzug mit den auswärtigen Ehrengästen ein, die mit einem Extradampfer der
Kgl. Kommandantur morgens 8 Uhr in Emden abgeholt und dort von dem
Sperrkommandanten von Borkum, Herr Kapitänleutnant Beckert, begrüßt worden
waren. Sie fuhren nach Borkum-Reede und von dort mit einem Sonderzug zum
Bahnhof, wo der Regimentskommandeur des Fußartillerie-Regiments No. 2, Herr
Major Cuny, im Namen des Herrn Kommandanten die Aufwartung machte und sie im
Garnisonkasino bewirtete. Neben Ihrer Exzellenz, Frau General von Emmich waren
zu der Feierlichkeit folgende Gäste erschienen:
Seine Kgl. Hoheit Prinz Sigismund von Preußen,
Herr Oberstleutnant von Bornstede, Garnisonsältester von Emden,
Herr Fregattenkapitän Brehmer,
Herr Korvettenkapitän Rohde (Reichsmarineamt),
Herr Korvettenkapitän Heyden Küstenschutzflottille der Ems,
Herr Kapitänleutnant Prauß, IV. U-Bootflotille,
Herr Regierungsrat Bormann, Emden,
Herr Kaufmann Kappelhoff (Obltnt. d. L. II a. D.)
Vorsitzender des Landeskriegerverbandes.
Ferner trafen mit demselben Sonderzuge die Spitzen der Borkumer Behörden auf
dem Festplatz ein:
Herr Gemeindevorsteher Kieviet,
Herr landr. Hilfsbeamter Bannier,
Herr Direktor Schütte,
Herr Betriebsleiter Hawich jr.,
Herr Postmeister Nölke,
Herr Bauaufseher Oppermann,
Herr Hotelier Eildert Bakker,
Herr Kaufmann Schilling,
Herr Kaufmann Schol jr.,
Herr Privatier R. A. Bakker,
Herr Bauunternehmer Eilts.
Nachdem die gegenseitige Vorstellung stattgefunden hatte und die Festgäste dem
Gedenkstein gegenüber Aufstellung genommen hatten, bestieg der Herr
Kommandant die Terrasse und hielt mit weittragender, kraftvoller Stimme die
umseitig im Wortlaut wiedergegebene Ansprache. Bei den Schlußworten des Herrn
Kommandanten stimmte die Besatzung in ein dreifaches Hurra ein. Die Musikkapelle
intonierte: „Heil dir im Siegerkranz“; darauf legten der Herr Kommandant und die
Spitzen der Behörde an dem Denkmal Kränze nieder. Ein besonders wertvoller
Eichenkranz wurde von Sr. Kgl. Hoheit dem Herzog von Braunschweig gestiftet und
in seinem Auftrage niedergelegt. Schließlich gab es noch eine Überraschung, und es
war der eindrucksvollste Augenblick der Enthüllung, als einer unserer Seeflieger
trotz der heftigen Regenböen in schönem Gleitflug über das Denkmal flog und aus
luftiger Höhe einen Lorbeerkranz warf, der wohlgezielt mitten vor dem Denkmal zu
liegen kam. Danach brachte der Sonderzug die Gäste zum Dorf zurück, wo sie sich
mit den Spitzen der Borkumer Behörden zu einem Festmahl, das die Kgl.
Kommandantur gab, im Garnisonkasino vereinigten. Abends fand ein sehr gut
besuchtes Festkonzert in Köhlers Dorfkrug statt. Unter der bewährten Leitung des
Herrn Willy Ullmann zeigte die Festungskapelle sich wieder von ihrer besten Seite,
und die Herren Walter Gieseking (Klavier) und Ludwig Lauboeck (Violine) spielten
mit bekannter Meisterschaft. Von Sr. Kgl. Hoheit, dem Großherzog von Oldenburg
traf während der Feier folgendes Telegramm ein:
An dem heutigen Tage, an dem in Borkum der Gedenkstein für den verstorbenen
General der Infanterie von Emmich enthüllt wird, gedenke ich der außerordentlichen
Verdienste des leider heimgegangenen Generals, der das X. Armeekorps in den
beiden ersten Jahren dieses Feldzuges von Sieg geführt hat.
gez. Friedrich August
Großherzog von Oldenburg
Was nun den Gedenkstein betrifft, so ist zu berichten, daß er ein großer Steinwürfel
ist, auf dem Waffen und Helm eines germanischen Kriegers ruhen. (Die Ausführung
dieses Schmuckes stammt von dem bekannten Bildhauer Arno Zauche aus Weimar.)
An seiner Stirnseite lesen wir:
Dem
General der Infanterie
Otto von Emmich
Auf der rechten Seite:
Dem Eroberer
von
Lüttich
Auf der linken Seite:
Dem ruhmreichen Führer
des
X. Armeekorps
Im Kriege 1914/15
Das Emmichdenkmal auf Borkum, zu ehren des Generals Otto von Emmich (1848-
1915), wurde am 8. September 1917 feierlich eingeweiht. Dieses Ereignis wurde in
der “Kriegszeitung der Festung Borkum” ausführlich gewürdigt, wie der
nachfolgenden Abschrift zu entnehmen ist.
Abschrift Teil 1:
Abschrift Teil 1:
Zur Feier der Gedenksteinsenthüllung
Zur Feier der Gedenksteinsenthüllung
Zur Feier der Gedenksteinsenthüllung
Nr. 110 Borkum, 8. September 1917 3. Jahrgang.
Kriegszeitung der Festung Borkum
Borkum - Ausgabe
Erinnerungsblatt an die Enthüllung des Emmichgedenksteins
_______________
Bei der Enthüllung des Emmichgedenksteins hielt der Kommandant der Festung,
Herr Oberstleutnant Ruppricht, folgende Ansprache:
Königliche Hoheit, Exzellenz, Geehrte Herren, Kameraden!
Heute, am Tage der Wiederkehr der Schlacht bei Sedan, bei der die Grundlage für die
Errichtung des neuen deutschen Reiches geschaffen wurde, haben wir uns hier
versammelt, um einen General des neuen deutschen Reiches eine besondere Ehrung
zu erweisen.
Der General der Infanterie von Emmich war lange Zeit vor dem Kriege
kommandierender General des 10. Armeekorps, und hat als solcher eine
außerordentliche Beliebtheit genossen durch seine gerade, vornehme, echt
soldatische Natur, durch sein unbegrenztes Wohlwollen für alle seine Untergebenen
und durch sein schlichtes und liebenswürdiges Wesen, welches er gegen alle die zur
Schau trug, die die Ehre hatten, mit ihm in persönliche Berührung zu treten.
Mit Ausbruch des Krieges war er der erste General, der die Grenze überschritt, und
am 6. August 1914 eroberte er die erste Festung des Feindes „Lüttich“. Bei dieser
Gelegenheit zeigte er sich von hervorragender persönlicher Tapferkeit, indem er
selbst mit seinem Stabe, noch ehe die Frontlinie gefallen war, in die Stadt einritt und
den Kommandanten persönlich zur Uebergabe aufforderte, was auch geschah,
nachdem zwei Stunden später die ersten Truppen in der Zitadelle, dem Kern der
Festung, angelangt waren. Für diese in der Geschichte einzig dastehende Heldentat
erhielt er als erster in diesem Kriege den Orden pour le mérite. Danach hatte er in
unzähligen Schlachten sein 10. Armeekorps von Sieg zu Sieg geführt. Ich nenne nur
die großen dreitägigen Schlachten bei Namur und St. Quentin. Die viertägige
Schlacht am Morinbach, dann den meisterhaft geleiteten Rückmarsch des Korps nach
Reims und die dortigen Gefechte bis zum Frühjahr 1915. Als dann die Offensive
gegen Rußland beginnen sollte, führte er sein Armeekorps nach dem östlichen
Kriegsschauplatz und nahm am Durchbruch bei Gorlice und den nachfolgenden
Verfolgungskämpfen ruhmreich Anteil. Nachdem dieser Feldzug im Herbst 1915 zum
glücklichen Abschluß gebracht worden war, wurde das Armeekorps wieder nach dem
Westen geworfen. Bei dieser Gelegenheit erkrankte der Unermüdliche plötzlich
schwer und starb bald darauf in Hannover. -- Für Borkum hat der General von
Emmich stets ein besonderes Interesse gehabt und sich im Frieden viel mit der
Ausgestaltung seiner Verteidigung befaßt. So lag es nahe, dem hoch verdienten
General und allseitig beliebten Vorgesetzten in der Festung seines Korpsbereichs ein
Denkmal zu errichten. -- Als ich im Januar 1916 dazu die Anregung gab, fand ich
begeisterte Zustimmung bei den Truppen der Besatzung, und auf meine Bitte hin
flossen mir reiche Geldspenden zu, so dass ich an die Ausführung meines Gedanken
schreiten konnte.
Vieles galt es herbeizuschaffen, und dabei bin ich in der zuvorkommendensten Weise
von der königl. Regierung in Aurich, dem Wasserbauamt in Emden und von vielen
Privatpersonen unterstützt worden. So übernahm die Borkumer Kleinbahn
uneigennützig den Antransport des gesamten Materials, wie Steine, Erde und
Klincker. Die verschiedensten Dinge verdanke ich den Herren Daniels, Oppermann,
Eilts, der Firma Kossel, der Gasanstalt, der Firma Ferdinands. Im besonderen haben
sich verdient gemacht: Herr Leutnant Schmidt durch den Entwurf des Denkmals,
Herr Major v. Frenold, der als Kommandeur des II/79 den Bau in die Hand nahm,
und nach dessen Abgang der Herr Major Huber, der, ganz besonders unterstützt
durch Leutnant Bieger und Leutnant Lang, durch Veranstaltung von Aufführungen
und Konzerten die noch fehlenden nicht unerheblichen Mittel aufbrachte. Ich kann
nicht alle nennen, die sich um das Gelingen des Werkes verdient gemacht haben,
möchte aber noch besonders nennen die Gefr. Hertling und Göken, den Utffz.
Richter, den Utffz. Akkermann und den Offz.=Stellv. Büter. Allen aber, die mir
geholfen haben, sage ich hiermit meinen aus tiefstem Herzen kommenden Dank.
Wenn nun auch der Gedenkstein in erster Linie der Besatzung der Festung am
Herzen liegt, so bildet doch seine Lage und der Schmuckplatz eine Zierde für die
Gemeinde Borkum, und ich mache ihn daher als ein Zeichen des guten
Einvernehmens zwischen Zivilbevölkerung und Besatzung im großen Kriege der
Gemeinde Borkum zum Geschenk, indem ich die Hülle des Steines fallen lasse.
Dem deutschen Mann ein deutscher Stein mit deutscher Wehr und Waffe,
So fest der Mann im Schlachtendonner stand, so fest der Stein hier steht im
deutschen Land,
So fest woll'n wir hier steh'n, wenn einst der Feind nach hier ausstrecken sollte
seine gier'ge Hand.
Dies geloben wir, indem wir rufen: Es lebe der deutsche Kaiser! Hurra, Hurra, Hurra!
Abschrift Teil 2:
Abschrift Teil 2:
Kriegszeitung der Festung Borkum
Kriegszeitung der Festung Borkum
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