Peerden
Pferde
De Name was meisttied Hans, Max un Liese un haast
alle Buren harrn ein off tweej up de Stalle stahn: de
Peerden. Vandage sücht man bloot noch
Rietpeerden, man frauger was dat Wark up ein
Burenplaatze ein Dodmaken sünder Peerd.
Der Name war meistens Hans, Max und Liese und
fast alle Bauern hatten ein oder zwei in (hier: auf)
dem Stall stehen: die Pferde. Heute sieht man nur
noch Reitpferde, aber früher war die Arbeit auf
einem Bauernhof (hier: Bauernplatz) ein totmachen
ohne Pferd.
T’gaff Oldenbörgers, Belgiers, Krummhörners,
Rheiderlanders, Bagbanders, engels un noorske
Peerden. De freiske Hengst was groot, krachdeg un
de Grafen van Oostfreisland harrn alltied ein
begehrlek Präsentje. So stürde Graf Enno III. 1608
an de Könek Jakob I van England veier Peerden un
Graf Enno Ludwig wull 1658 um gaud Weer bedeln bi
de Kaiser Leopold I., as heej hum Stück off wat
Peerden gaff. Seker, dat wassen fiene Rietpeerden,
dej kunn man neit för de Ledderwagen off
Kreitwagen lopen laten. Uk de Börkumer Walfanger
Jan Roelofs Visser kreeg van sien Reeder ein
Rietpeerd, umdat heej ein dicke Fang harr un Skip
un Ladung seker na Huus brocht hett.
Es gab Oldenburger, Belgier, Krummhörner,
Rheiderländer, Bagbander, englische und nordische
Pferde. Der friesische Hengst war groß, kräftig und
die Grafen von Ostfriesland hatten immer ein
begehrenswertes Präsent. So schickte Graf Enno
III. 1608 an den König Jakob I. von England vier
Pferde und Graf Enno Ludwig wollte 1658 um gutes
Wetter betteln bei dem Kaiser Leopold I., als er ihm
einige (hier wörtlich: Stück oder was) Pferde gab. Sicher,
das waren feine Reitpferde, die konnte man nicht
vor dem Leiterwagen (Anm. Pferdewagen mit leiterartigen
Seitenteilen) oder Heuwagen (Anm.: Kreite - Seitengestell am
Heuwagen) laufen lassen. Auch der Borkumer
Walfänger Jan Roelofs Visser bekam von seinem
Reeder ein Reitpferd, weil er ein guten (hier: dicken)
Fang hatte und Schiff und Ladung sicher nach
Hause gebracht hatte.
Man is dat all so lang her, dat up Börkum de
Kleinbahn mit de Rullwagen kwamm, um all dej
Rewe na de Winkels tau brengen? Un de
Nüstewagen mit de Hunzeröhren d’r boven drup,
well kennt dej noch? Un de Dodewagen mit de
pickswarte Peerden d’r vör, dej bi Dahlmeyer um de
Hauk gungen, dat is all lang vörbi. Well weit noch,
wat ein Peerdestrate is un ein Padje? Moij bin
vandage noch de Kuutzen un Kremser, dej bliede
Badegasten mit lachende Oogen dör de moje
Börkumer Natür kröijen. Un up de Weide sücht man
noch Peerden an’t jagen. Ein heerleke Ankiek.
Aber ist das schon so lange her, dass auf Borkum
die Kleinbahn mit dem Rollwagen (siehe Luftaufn. 1956;
A5-T6 u. A6-T3) kam, um die Waren (hier: Kram, Zeug) zu
den Geschäften (Winkel: holländisch - kleines Eckgeschäft)
zu bringen? Und der Abfallwagen mit den
Hunzeröhren (Anm.: Hunze, ehemaliger Bürgermeister, der die
Abfalltonnen einführte) oben drauf, wer kennt die noch?
Und der Totenwagen mit den pechschwarzen
Pferden davor, die bei Dahlmeyer (Familienhaus auf dem
Weg zum Friedhof) um die Ecke gingen, das ist schon
lange vorbei. Wer weiß noch, was eine Pferdestraße
ist und ein (Fuß-) Weg? Schön sind heute noch die
Kutschen und Kremser, die vergnügte Badegäste
mit lachenden Augen durch die schöne Borkumer
Natur ziehen. Und auf der Weide sieht man noch
galoppierende (hier: Pferde am Jagen) Pferde. Ein
herrlicher Anblick.
Bleven bin noch olde Woorden up Platt, so as
Peerdeblaumen off Peerdebohnen. De Kinder harrn
ein Hoppelpeerd un Mensken, dej völ an’t knaujen
un wuraken bin, neumt man Pöselpeerden. Dat
seggt vandage gein Menske mehr, dat kummt all in’t
Vergetelbauk, nett as de olderwelske
Spreekwoorden. Wat bedütt dat: ein old un ein jung
Peerd an ein Düsselboom, dat döggt neit! Nix anders
as old un jung hört neit up ein Deele. Begriepen
kann man uk disse Woorden: De Krankte kummt
faak so gau as ein Peerd un geiht tau Faut weer
weg. Hett ein Menske ein Wark, waar heej Stünden
bi sitt tau tiepeln, see man frauger: Daar kriggt man
ja Peerdeogen bi!
Geblieben sind noch alte Wörter auf Platt, so wie
Pferdeblumen oder Pferdebohnen. Die Kinder
hatten ein Schaukelpferd und Menschen, die über-
mäßig arbeiten und schuften, nennt man Arbeits-
pferd. Das sagt heute kein Mensch mehr, das
kommt alles in Erinnerungsbuch (hier: vergeten-
vergessen), genau wie die altertümlichen Sprich-
wörter. Was bedeutet dies: Ein altes und ein junges
Pferd an einer Deichsel, das taugt nichts! Nichts
anderes, als das alt und jung nicht auf einer Diele
gehören. Begreifen kann man auch diese Worte: Die
Krankheit kommt oft so schnell wie ein Pferd und
geht zu Fuß wieder weg. Hat ein Mensch eine
Arbeit, wo er Stunden dabei sitzt zu fummeln, sagte
man früher: Da bekommt man ja Pferdeaugen (bei).
Was ein Mann ein bitje unnösel, kunn man hören:
Waar Rook is, is uk Für, see de Jung, daar wull heej
de Piepe mit’n dampen Peerdekötel anstoppen! Mit
Woorden kann man uk pieren: Ein Frou kann mehr
mit de Skude utdragen, as de Mann mit Peerd un
Wagen infahren!
Un ein ander Woord was: Da hebben wi Gotts Woord
swart up witt, see de Buur, daar sagg heej de
Pestoor up ein Schimmel sitten!
War ein Mann ein wenig tollpatschig, konnte man
hören: Wo Rauch ist, ist auch Feuer, sagte der
Junge, da wollte er die Pfeife mit einem dampfen-
den Pferdeapfel anzünden. Mit Worten kann man
auch reizen (sticheln): Eine Frau kann mehr mit der
Schürze raus tragen, als der Mann mit Pferd und
Wagen einfahren kann! Und ein anderes Wort war:
Da haben wir Gottes Wort schwarz auf weiß, sagte
der Bauer, da sah er den Pastor auf einem
Schimmel sitzen!
Un was ein Peerd neit so heil flügg, wussen de
Mensken, wat hulp tegen de Krankte. Was ein Peerd
dämpeg, (bi de Mensken seggt man kaartaameg)
smeerde man de Rügge mit ein Gaudje in, dat was ut
Branndewien, Wittwien un Botter sünder Sollt. As de
Mensken frauger in Holland Piene in de Hals harrn,
gaff man hör Peerdestrunt tau updragen. Disse
„Medizin“ neumde man „Sirop de St. Luther“ -
Straup van de heilige Luther. De Reformator sull
s’mals ein Rippenfellentzündung hatt hebben - un
was dör disse Baul na ein Sett weer gesund.
Und wenn das Pferd nicht so ganz munter war,
wussten die Menschen, was gegen die Krankheit
half. War ein Pferd kurzatmig (bei den Menschen sagt
man kaartaameg kurzatmig?), schmierte man den Rücken
mit einem Zeug ein, das war aus Branntwein,
Weißwein und Butter ohne Salz. Wenn die
Menschen früher in Holland Schmerzen im Hals
hatten, gab man ihnen Pferdemist zum Auftragen.
Diese „Medizin nannte man „Sirop de St. Luther“ -
Sirup von dem heiligen Luther. Der Reformator soll
einmal eine Rippenfellentzündung gehabt haben -
und wurde durch diesen Kram (Sache) nach einer Zeit
wieder gesund.