Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 T O P T O P
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Der folgende plattdeutsche Beitrag beschreibt die Vorbereitungen auf den insularen Winter. Auch die durchaus menschliche Beschwerde eines kleinen Bauern bei der Erntedankprozession wird hier erwähnt.
Erntedankfest! Erntedankfest!
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
Sprachausgabe des plattdeutschen Textes!
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- Danke -
- Danke -
Unse Vörolden up’t Eilandje wussen bestgaud, dat in de Harvst up Tied de Tuffels in de Keller wesen mussen, dat de dröge Bohntjes an ein lang Band hungen, dat in de Wiem de dicke Skinke was un dat man all dat wat de Tune hergaff, in Glasen un Büssen inmakde. De grote Püllpott satt vull Snippelbohnen off Buuskohl, de Appels laggen boven up Skapp, Saft ut Snauerbäijen tegen de Verkolldereej was in Flessen, Tee un Kluntjes, Sollt un Zucker muß man kopen. De Winter kunn elendeg lang wesen up so’n lüttje Sandbüllte midden in’t Water.
Unsere Vorfahren auf der Insel wussten sehr gut, dass im Herbst beizeiten die Kartoffeln in dem Keller sein mussten; dass die trockenen Bohnen (bestimmte Bohnensorte) an einem langen Band hingen; dass in einem Holzgestell an der Decke ein dicker Schinken war und dass man alles, was der Garten hergab, in Gläsern und Dosen einmachte. Der große Tontopf war voller Schnippelbohnen oder Weißkohl, die Äpfel lagen oben auf dem Schrank, Saft aus Brombeeren gegen Erkältung war in den Flaschen; Tee und Kandis, Salz und Zucker musste man kaufen. Der Winter konnte entsetzlich lang sein auf so einem kleinen Sandhaufen mitten im Wasser.
Winterdags kunn man neit even gau na de Koopmann lopen as vandage, waar de Boorden haast knappen mit all dej Eetereej, un dann noch de Kopp sküdeln, as mandag mörgen um achte noch gein frisse greune Salat daar is off - noch minder - de Bildzeitung neit up de Tünnebank liggt. Dat kunn frauger geböhren, dat de Damper dör Störmsweer off Iis neit fahren kunn un so muß elk för sück sörgen, dat heej un de Familie dör de kolde Tied kwamm.
m Winter konnte man nicht eben schnell zum Kaufmann laufen wie heute, wo die Regale fast platzen mit der ganzen Esserei, und dann noch mit dem Kopf schütteln, wenn Montagmorgen um acht (Uhr) noch kein frischer grüner Salat da ist oder – noch schrecklicher – die Bildzeitung nicht auf dem Tresen liegt. Es konnte früher passieren, dass der Dampfer durch Sturm oder Eis nicht fahren konnte und so musste jeder für sich sorgen, dass er und seine Familie durch die kalte Zeit kamen.
Man bi all dej Drockde vergatt man de Nahbers neit un uk neit dej olde Lü, dej neit mehr so beineg un freewat kröpel wassen. Un noit vergatt man in de Karke de Heer Dank tau seggen. Erntedankfest! Under de Preekstaul laggen de Gaven, dej elke Huusholln brocht harr un dej de Domine later verdeilde an Lü, dej d’r man skofel bilangs kwammen. Uk bi de Refomeierden was dat ein hoge Fierdag.
Aber in der ganzen Hektik vergaß man den Nachbarn nicht und auch nicht die alten Leute, die nicht mehr so gut auf den Beinen und sehr gebrechlich waren. Und nie vergaß man in der Kirche dem Herrn Dank zu sagen. Erntedankfest! Unter der Kanzel lagen die Gaben, die jeder Haushalt gebracht hatte und die der Pastor an die Leute verteilte, die armselig waren. Auch bei den Reformierten war das ein hoher Feiertag.
Up de faste Walle, in de Hauken waar de Ketolsken satten, was in de Harvst fakers ein Prozession un de Pestoor gaff sien Segen over elke Tune, over dat heile Land un over de Deiern un de Mensken. Vörup leip ein lüttje Buur mit dat Krüz, waar Jesus anhung. Elk un ein is stollt, wenn heej dit Krüz dragen dört, man disse Buur - ein biltje slicht - was elendeg quaad. T’was ein dröge Sömmer west un nu hung dat Koorn sluff un elendeg an de Halms. Heej harr man ein lüttje Buurdereej un völ over was d’r noit. Un nu dat noch. Bi’t lopen dör de Kuntrei kwamm de Prozession uk an sien Land vörbi. De lüttje Buur makte miteins ein Stapp bi’t Siet ut, namm dat Krüz un neide hum andaale in dat Feld un see tegen de Heiland: So! Nu kiek di dat an! Is dat Koorn? Verwacht neit, dat ik van Danke segg!
Auf dem Festland, in der Ecke, wo die Katholiken saßen, war im Herbst oft eine Prozession und der Pastor gab seinen Segen über jeden Garten, über das ganze Land und über die Tiere und Menschen. Vorne lief ein kleiner Bauer mit dem Kreuz, an dem Jesus hing. Jeder ist stolz, wenn er dieses Kreuz tragen darf, aber dieser Bauer – ein einfacher Mensch – war sehr wütend. Es war ein trockener Sommer gewesen und das Korn hing schlapp und furchtbar an den Halmen. Er hatte nur einen kleinen Bauernhof und es war nie viel über. Und jetzt das noch. Beim Laufen durch die Gegend kam die Prozession auch an seinem Land vorbei. Der kleine Bauer machte plötzlich einen Schritt zur Seite, nahm das Kreuz mit Schwung und hielt es in das Feld und sagte zum Heiland: So! Nun guck dir das an! Ist das Korn? Erwarte nicht, dass ich Danke sage!
Ein gaude Fründ kann man doch vertellen, hau eine um’t Hart is!
Einem guten Freund kann man doch sagen, wie es im Herzen ist!
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