2000 Jahr Börkum
2000 Jahre Borkum
1993 was ein besünder Jahr för dat Eiland Börkum.
Klauge Lü hebben seggt, dat wi tweejdusend Jahren
achter de Rügge hebben un dat mutt man fieren:
2000 Jahr Börkum!
1993 war ein besonderes Jahr für das Eiland
Borkum. Kluge Leute haben gesagt, dass wir
zweitausend Jahre hinter uns haben (hier: hinter dem
Rücken) und das muss man feiern: 2000 Jahre
Borkum!
Man dat is verkehrt! Dat harr heiten musst:
2000 Jahr Nordseeheilbad Börkum!
Aber das ist falsch! (verkehrt) Das hätte heißen
müssen:
2000 Jahre Nordseeheilbad Borkum!
Un dat lett sück uk bewiesen:
Und das lässt sich auch beweisen:
As dej grote roomske Feldherr Drusus mit sien
Soldaten na dat iskolde un natte Freisland kwamm,
wulln seej uk dej Eilanden, dej as Sandkörelkes vör
de Küste laggen, för sück hebben. Besünders up dat
grote Eiland vör de Eems harrn seej ein Oog
smeeten. Man dat dürde tiedstieden dat Volk tau
bemanntjen; de Eilanders gungen mit Förken un
Sseisen up hör daal. As de Roomsken hör under
harrn, sull Frede wesen un elk un ein sien Wark
nagahn.
Als der große römische Feldherr Drusus mit seinen
Soldaten zu dem eiskalten und nassen Friesland
kam, wollten sie auch die Inseln, die wie Sand-
körner vor der Küste lagen, für sich haben.
Besonders auf das große Eiland vor der Ems hatten
sie ein Auge geworfen. Aber das dauerte sehr lange
(tied – Zeit, tiedstieden – doppelte Zeit) das Volk zu über-
wältigen; die Insulaner gingen mit Forken und
Sensen auf sie los. Als die Römer sie überwältigt
hatten (hier: sie unter hatten), sollte Friede sein und
jeder seiner Arbeit nachgehen.
De Eilanders deen uk so, man de Fuust in de Näcke
van frömde Mensken, daar harrn seej wat up tegen.
Man muss de Tannen binander bieten un stillkes
denken: daar komen gau weer ander Tieden, dann
bin wi weer Baas! So is't uk ja west un de Roomsken
bin mit hangende Pootjes weer na hör Kuntrei
slingert.
Die Insulaner taten auch so, aber die Faust im
Nacken von fremden Menschen, da hatten sie etwas
dagegen. Man muss die Zähne zusammenbeißen
und still denken: da kommen schnell wieder andere
Zeiten, dann sind wir wieder der Chef (das Oberhaupt).
So ist es ja auch gewesen und die Römer sind mit
hängenden Pfoten wieder in ihre Region (Landstrich)
geschlingert.
Man noch satt Drusus mit sien Mannlü up dat Eiland
un heil bliede was he neit mit sien Bahntje. Lagg he
s'avends in Höij tau rüderreiern, kunn he gein Slaap
finnen. He harr dat elendeg in de Knaken, alle
Bunken deen hum sehr, van Kopp bit tau de Toonen.
He drömde van dat moje warme Rom, waar uk
utwussen Keerls mit so'n lüttje Freejskieterke
ummeleipen un neit as hier mit lange Underbrauken
un dicke sülvst gebraide Borstrocken. Dusend Pund
Plünnen um sien Licham, dat was nix för hum. Un
alltied Piene, dat mutt ja verdreitlek un missmaudeg
maken.
Aber noch saß Drusus mit seinen Männern auf der
Insel und sehr froh war er nicht mit seinem Posten.
Lag er abends im Heu und warf sich unruhig hin und
her, konnte er keinen Schlaf finden. Er hatte das
entsetzlich in den Knochen (Bunken, Knaken – Knochen),
die alle sehr weh taten, vom Kopf bis zu den Zehen.
Er träumte von dem schönen warmen Rom, wo auch
ausgewachsene Kerle mit so einem kleinen
Hemdchen (hier wörtlich Freischeißerchen) rumliefen und
nicht wie hier mit langen Unterhosen und dicken
selbst gestrickten Unterhemden. Tausend Pfund
Kleidung (auch: Fetzen, Lumpen) um seinen Körper, das
war nichts für ihn. Und immer Schmerzen, das muss
ja verdrießlich und missmutig machen.
Up ein warme Sömmerdag slingerte he liefälläne na
buten in't Watt. De Schlick kwietjede hum tüsken de
Toonen, unwenns för ein Mann, dej tauhuus bloot up
Esders leip. Miteins kwamm he in't Glieden, kunn
sück neit mehr up de Beinen holden, full um as ein
natte Sack. Ut eigen Kracht kwamm he neit mehr
hoog, lagg daar tau spinnfautjen, hiemde na Lücht
as'n Fiss up Drögde. Bibereg as he was, bölkde he
um Hülpe, blarrde, gielde as ein mager Swien, trulde
as'n Buuskohl hen un her, bekleide sück mit dat
swarte Glibbergautje, was pickswart van boven bit
undern.
An einem warmen Sommertag schlingerte er ganz
alleine nach draußen ins Watt. Der Schlick quoll ihm
zwischen den Zehen, ungewohnt für einen Mann,
der Zuhause nur auf Fliesen lief. Plötzlich kam er ins
Rutschen, konnte sich nicht mehr auf den Beinen
halten, fiel um wie ein nasser Sack. Aus eigener
Kraft kam er nicht mehr hoch, lag da zu zappeln
(wörtlich: Spinnenfüße), schnappte (keuchen, schwer atmen)
nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Empfindlich wie er war, brüllte er um Hilfe, heulte,
schrie wie ein mageres Schwein, kugelte wie ein
Weißkohl hin und her, beschmierte sich mit dem
schwarzen Glibberzeug, war pechschwarz von oben
bis unten.
Laat kwammen sien Paschepanten, um hum weer up
Beinen tau hiesen. Dej olde Soldat was düwels in de
Kook, man s'avends, as he weer verskoont was,
feulde he sück so licht, de Knaken wassen weer
smüdeg, dat krakde uk neit mehr so elendeg. Sull
dat van de warme Schlick komen? De koomende Dag
gung uns Vaderke weer in't Watt. Splinternakend
glee he as ein Wattbutt dör de Kleiereej un sien
Helpers kwakden hum dicke Kluten Schlick in de
Knee- un Armbuchten, packden hum van Kopp bit
tau de Toonen in. Borst, Liev un uk dat lüttjeste
Stückje Huut waarde neit vergeten.
Spät kamen seine Kumpel, um ihn wieder auf die
Beine zu ziehen. Der alte Soldat war wütend (hier:
teuflisch am kochen), aber abends, als er wieder sauber
war, fühlte er sich so leicht, die Knochen war
wieder geschmeidig, das krachte auch nicht mehr
so furchtbar. Sollte das von dem warmen Schlick
kommen? Am kommenden Tag ging unser Väter-
chen wieder ins Watt. Splitternackt glitt er wie ein
Wattbutt durch die Schmiererei und seine Helfer
warfen dicke Brocken Schlick in die Knie- und
Armbeugen, packten ihn von Kopf bis zu den Zehen
ein. Brust, Leib und auch das kleinste Stückchen
Haut wurde nicht vergessen.
Elke Dag was de olde Baas nu weer flügger un uk
weer düchdeg wepel. Sien Ollske was wiet weg un
he – ieverg as'n Ihme – flog Dünen up un Dünen
daal achter de nümege Wichter an. Man dej wullen
hum neit.
Jeden Tag war der Chef nun wieder lebendiger und
auch wieder tüchtig aktiver. Seine Alte war weit
weg und er - eifrig wie eine Biene - flog die Dünen
rauf und runter hinter den hübschen Mädchen her.
Aber die wollten ihn nicht.
So is dat gebört mit de olde Drusus. Later, as he
weer in Rom was, hett he noch fakers vertellt van
dat Eiland in de südleke Noordseej, dat sien
Jungmöhlen west was. Dat bin gein Lögens, dat is all
süwer daalskreven un liggt vandage noch in't
Geheimarchiv bi de Papst un wi Börgers hebben dat
alltied wusst, man na Börkumer Meneier seggt: Laat
uns d'r man nix van maken, wat sülln dej ander
Eilanden wall van uns denken.
So ist das passiert mit dem alten Drusus. Später, als
er wieder in Rom war, hat er noch oft erzählt von
dem Eiland in der südlichen Nordsee, das seine
Jungmühle gewesen war. Das sind keine Lügen, das
ist alles beschrieben und liegt heute noch im
Geheimarchiv bei dem Papst und wir Bürger haben
das immer gewusst, aber nach Borkumer Manier
gesagt: Lasst uns nichts davon machen, was sollen
die anderen Inseln wohl von uns denken.