Der nach dem Verlust des Cafés Wilhelmslust erfolgte Aufbau eines neuen
Strandlokals durch die Witwe Hilbrands geschah nicht nur unter dem neuen
Namen “Wilhelmshöhe”, dieser ist in der Ablichtung deutlich zu erkennen, sondern
auch an einem neuen Standort, der sich von der Stelle der heutigen Wilhelmshöhe
aus gesehen lediglich ein Stück in den hinteren Dünenbereich versetzt befand.
Neben anderen Gebäuden wurde auch die Wilhelmshöhe aus militärischen
Gründen im 1. Weltkrieg von der kaiserlichen Wehrmacht gesprengt.
Nach den Kriegsjahren beschloss der Kellner Eduard Wille, der zu diesem Zeitpunkt
mit seiner Ehefrau Berta die “Wein- und Likörstube” in der Bubertstraße
(Blindenheim (beim Nordseehotel)) betrieb, die Wilhelmshöhe wieder aufzubauen.
Als neuer Standort wurde nun die ebenfalls zum Grundstück der ehemaligen
Wilhelmshöhe (I) gehörende Stranddüne gewählt. Hierzu beantragte er bei der
Regierung in Aurich am 1. Oktober 1919, den zwischen der Witwe Hilbrands und
der Regierung geschlossenen Pachtvertrag bezüglich des Grundstückes der
ehemaligen Wilhelmshöhe auf ihn zu übertragen.
Die Einwilligung der Pächterin, diese wurde in schriftlicher Form am 7. November
1919 durch den ersten Beigeordneten Herrn Schmidt beglaubigt, sowie die
Bauerlaubnis (im Rayongebiet) lagen zu diesem Zeitpunkt bereits vor.
Die schriftliche Bauerlaubnis wurde am 12. November 1919 von der Stadt Borkum
erteilt. Der Bau der Wilhelmshöhe fand im Jahre 1920 statt.
Mit welchem Mut, Gründergeist und letztendlich auch Optimismus die Lokalitäten
Wilhelmslust, Wilhelmshöhe I und Wilhelmshöhe II aufgebaut und betrieben
wurden, lässt sich erst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die damaligen
Pachtverträge mit dem Domänenrentamt grundsätzlich nur auf eine Laufzeit von 6
Jahren beschränkt waren, erahnen.
Die existenziellen Gefahren, denen die Grundstückspächter und
Gebäudeeigentümer ausgesetzt waren, werden u. a. auch durch die folgende
Anzeige in der Borkumer Zeitung dokumentiert.
Obwohl die damals geltenden Bedingungen für eine Übernahme bzw. für eine
eventuelle Beseitigung der auf dem zu pachtenden Grundstück befindlichen
Gebäude (noch) nicht bekannt sind, kann aus heutiger Sicht vermutet werden,
dass eine (feindliche) Übernahme mithilfe einer gewissen Kapitalkraft relativ
einfach möglich gewesen wäre.
Ohne nun ein grenzenloses Denkfeld eröffnen zu wollen, sollte sich dennoch bei
der Beurteilung dieser Anzeige die Frage sich stellen, ob dieses Procedere, mit all
den Unsicherheiten für den Pächter, damals gängige Praxis war, oder ob, aus
welchen Gründen auch immer, seitens des Verpächters auf das ( normale ?)
Verfahren einer fortlaufenden stillschweigenden Pachtverlängerung bewusst
verzichtet wurde, welches von der Wahrscheinlichkeit her eigentlich zutreffen
müsste.
Dieser existenziell bedrohende und unerträgliche Zustand konnte erst durch die
Befolgung des gut gemeinten persönlichen Rates eines Freundes - “Eduard, tritt
der Partei bei, dann kannst Du auch das Grundstück kaufen.” (Quelle: Zeitzeuge) -
zum Guten gewendet werden. Der grundsätzlich parteilose Eigentümer trat
allerdings nach einer angemessenen “Schamfrist” im guten Einvernehmen wieder
aus.
Eines der ersten Bilder der neu erbauten Wilhelmshöhe. Im Vordergrund auf der
Terrasse ist der Eigentümer Eduard Wille mit seiner Frau Berta zu sehen.
Die Wilhelmshöhe vom Familienbad aus gesehen, um 1920 herum. Die
sogenannten Badekarren dienten in der damaligen Zeit als Umkleidekabinen, die
vordere Karre wurde von den Rettungsschwimmern verwendet. Rechts im Bild ist
eines der klassischen Strandrettungsboote zu sehen.
Auf der obigen Aufnahme sind die im Jahre 1925 gebauten Badehallen noch nicht
vorhanden.
Die Wilhelmshöhe erlebte einen rasanten Aufbau. In jedem Jahr waren
Erweiterungen, sowohl im Außen- als auch im Innenbereich, festzustellen. Hier ist
neben der neuen Einfriedung auch die erfolgte Lokalerweiterung zu sehen.
An der Treppe stehen Gäste des Hauses sowie der Eigentümer Eduard Wille (ganz
rechts) mit seinen drei Kindern Jutta, Ingeborg und Ete.
Die Kreativität und innovative Experimentierfreudigkeit des Eigentümerehepaares
zeigte sich auch in der obigen Werbekonstruktion, die, vermutlich wetterbedingt,
prophylaktisch kurzfristig wieder abgebaut wurde.
Auf dem obigen Bild ist das Strandgebäude mit den Umkleidekabinen zu sehen.
Dieses wurde jeweils nach Saisonschluss wieder abgebaut und in der links oben
im Bild zu sehenden Kur-, Werkstatt- und Lageranlage der Kurverwaltung
gelagert.
Auf dem obigen Bild ist die Eigentümerfamilie der Wilhelmshöhe, Berta und Eduard
Wille mit ihren Kindern Ingeborg, Jutta und Ete, zu sehen. Dieses Bild ist insofern
selten, als es in der Sommerzeit aufgrund des Geschäftsbetriebes fast nie Zeit gab,
gemeinsam zum Baden zu gehen.
Oben rechts im Bild, links und rechts von der Signalstelle, sind die Funkmasten der
Wehrmacht zu sehen.
Oben im Bild ist die “Parade” der sogenannten Badekutschen zu sehen. Diese, die
früher mit jeweils einem Gast zum Baden ins Wasser gefahren wurden, dienten
nun als Einzelumkleidekabinen.
Blick von der Terrasse der Wilhelmshöhe über den Strand in nördlicher Richtung.
Am Ende der Terrasse sitzt der etwas fotoscheue Eigentümer.
Auf dem obigen Bild von der Terrasse der Wilhelmshöhe ist eine der ersten so
genannten “Milchbuden” zu sehen.
Bei dem Schlepper vor dem nach Emden oder Delfzijl fahrenden Frachtdampfer
handelt es sich um den Hochseeschlepper Titan von der Bugsier- Reederei- und
Bergungs-AG Hamburg.
Das 227 BRT große Schiff hatte eine Länge von 37,3 m und Breite von 7,1 m.
Der Schlepper trug die folgenden Namen:
1912: Indienststellung unter dem Namen “LUCIA WREDE”.
1919: Umbenennung auf den Namen “TITAN”.
1939: Beschlagnahmt von der Kriegsmarine unter den Namen TITAN”
(28. August).
1944: Umbenennung auf den Namen “NETZTENDER 52” (5. April).
1945: Umbenennung auf den alten Namen “TITAN”.
1952: Abgewrackt unter dem Namen “TITAN” (1. Februar).
Die Schlepper lagen zur damaligen Zeit, je nach Wetterlage, im Bereich
Möwensteert, an der Fischerbalje oder vor der Wilhelmshöhe vor Anker. Speziell
die Position vor der Wilhelmshöhe (Hubertgat - Westerems) ermöglichte es, einen
Havaristen oder Hilfesuchenden schnell zu erreichen. Da die Besatzung neben der
tariflichen Heuer (Lohn) auch am Bergelohn beteiligt war, war sie hoch motiviert,
was insbesondere für den Funker galt.
Bei dem Dampfschiff am Badestrand handelt es sich um den Hochseeschlepper
Albatros (Albatross) von der Bugsier-, Reederei- und Bergungs-AG Hamburg.
Dieser lag bis zu seiner Verlegung zu den Azoren-Inseln (Oktober 1937) auf der
Station Borkum.
Ein ebenfalls lange Zeit vor der Wilhelmshöhe stationierter Hochseeschlepper war
der 1924 in den Dienst gestellte legendäre Bergungsschlepper “Seefalke”.
Im Vordergrund ist ein klassisches Klepper - Faltboot zu sehen. Diese
transportablen Boote bestanden aus einem zusammenfaltbaren Holzgerüst, über
das dann die Außenhaut gezogen wurde.
In der linken Seite des Bildes befindet sich das Fischereischutzschiff ZIETEN.
Dieses Schiff wurde 1916 als Minensuchboot gebaut und war in der Zeit von 1921
bis 1932 als Fischereischutzschiff im Einsatz. Es hatte eine Länge von ca. 60 m,
eine Breite von 7,4 m und einen Tiefgang von 2,15 m. Die Marschgeschwindigkeit
des Doppelschraubenschiffes betrug 16 Knoten. Das Schiff wurde 1944 bei einem
Luftangriff versenkt.
Rechts im Bild befindet sich der Hochseeschlepper Albatros.
Wartende Ausflugsboote vor der Segelbuhne an der Wilhelmshöhe.
Bei dem im Hintergrund zu sehenden Marineschiff handelt es sich (vermutlich) um
das Fischereischutzboot “WESER”. Dieses 1929 -1931 auf der Reichsmarinewerft
Wilhelmshaven gebaute Schiffe hatte eine Länge von 48 m und eine Breite von 8,3
m. Mit seiner 1600 PS starken Maschine erreichte das Schiff eine
Marschgeschwindigkeit von 14 Knoten. Bewaffnet war das Schiff mit einem 8,8-
cm-Geschütz und einem Maschinengewehr.
Die Fischereischutzschiffe “ELBE” und “WESER” (Schwesterschiffe), die bereits
seit Dez. 1931 im Fischereischutz in der Nordsee und im Atlantik eingesetzt
wurden, lösten im September 1932 das Fischereischutzschiff “ZIETEN” ab.
Die Hauptaufgabe der Fischereischutzschiffe bestand u. a. in der Betreuung der
deutschen Fischereischiffe sowohl in technischer als auch in seemännischer und
medizinischer Art.
Selbst in der Abendzeit herrschte noch reger Betrieb auf der Terrasse der
Wilhelmshöhe.
Die Innenansicht der Wilhelmshöhe in Richtung Nord-West. Die Nordsee befindet
sich links.
Die Wilhelmshöhe war auch im Winter, der damaligen “gastfreien” Zeit geöffnet.
Auf den regelmäßig, als gesellschaftliche Ereignisse, stattfindenden
Tanzveranstaltungen fand so manche borkumer Ehe ihren Anfang.
Die Tanzkapelle “Wiener Schwalben” spielte 1922 zur Unterhaltung und zum Tanz
in der Wilhelmshöhe. Auf der Rückseite der Aufnahme ist der folgende Text zu
lesen:
“Zur steten Erinnerung unseren lieben Herrn Chef gewidmet von den Wiener
Schrammeln
Stefan Kiss
Ferry Rolzhuber
Franz Schalk
“Wiener Schwalben”
Juni 1922
Teilansicht der geschmückten Wilhelmshöhe am 29. Februar 1929. Bei der an der
Decke des Lokales zu sehenden großen Box handelt es sich um eine der
(fremderregten) Lautsprecherboxen der zur damaligen Zeit bereits installierten
modernen Tonübertragungsanlage.
Auch diese Kapelle spielte zum Tanz und zur Unterhaltung in der Wilhelmshöhe.
Die sich auf der Rückseite befindende Widmung - “ ... Chef Ed. Wille. (Es folgen
dann die vier Namen)” - ist leider sehr schlecht erhalten.
Vom Anfang an, bis weit nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges, wurde auf der
Wilhelmshöhe u. a. ein Konditor beschäftigt.
Dementsprechend war auch die Backstube
technisch ausgerüstet.
Die hier abgebildete “Anschlagmaschine” wurde
nicht nur für das Backen verwendet, sondern
diente auch zur Speiseeisherstellung.
Die Drehzahl der über eine Transmission
angetriebenen Maschine wurde über die links
oben zu sehende Variomatik (Laufrad mit
veränderbarem Durchmesser) mittels der sich
links befindenden Hebelmechanik eingestellt. Die
Rühr- und Klangcharakteristika des unten
einzuspannenden Rühr-, Knet- oder
Schlagwerkzeugs (Schneebesen usw.) wurde
durch den Steuerhebel in der Mitte der Maschine
vorgegeben.
Für die Speiseeiszubereitung wurden spezielle
Kessel verwendet, die sich in einem zweiten mit
Roheis gefüllten Kessel befanden.
Neben weiteren Gerätschaften befand sich
gegenüber der Anschlagmaschine ein großer, fast
bis zu Decke reichender, gasbeheizter Backofen.
Dieser bestand aus einzelnen (vier bis sechs)
Teilbackelementen, die alle einzeln und mit
unterschiedlichen Temperaturen betrieben werden konnten.
Das obige Bild zeigt eine weitere Innenansicht der Wilhelmshöhe.
In den dreißiger Jahren gab es auf Borkum zwei Auto-Vermietungen (nur mit
Fahrer), die heute als Taxiunternehmen bezeichnet würden. Es ist z. Z. nicht
bekannt, ob das erste Taxi von Leo Heinemann oder Eduard Wille betrieben wurde.
Aus mündlichen Überlieferungen ist bekannt, dass die Taxi-Lizenz von Herrn
Eduard Wille an Herrn Gerd Stindt und die Lizenz von Herrn Leo Heinemann an
Herrn Alfred Schnippa weitergegeben worden ist.
Hinsichtlich der Taxifahrten von Eduard Wille gibt es auf Borkum viele schöne und
teilweise veröffentlichte Anekdoten.
Das obige Bild zeigt den in früheren Jahren auch als Taxi verwendeten Hannomag
Personenkraftwagen 4/23.
Dieser Typ wurde in den Jahren 1931-1932 gebaut und erreichte eine
Höchstgeschwindigkeit von 82 km/h. Der wassergekühlte Viertakt Reihenmotor
hatte eine Leistung von 23 PS bei 3500 1/min. Das heckgetriebene Fahrzeug hatte
drei Schaltstufen, die mit “Zwischengas” geschaltet werden mussten. Das Auto
hatte eine Länge von ca. 3,6 m, ein Leergewicht von 740 kg und besaß vorne und
hinten blattgefederte Starrachsen. Der Tankinhalt betrug 20 l.
Das Fahrzeug wurde sehr aufwendig restauriert und steht heute in einem
Automuseum.
Abschrift:
- Tontaubenschießen auf der Wilhelmshöhe. Den gegenwärtigen Verhältnissen
Rechnung tragend, ist der Preis für das Tontaubenschießen wesentlich
herabgesetzt worden. Bisher kostete der Schuß 30 Pfg., fortan nur noch 25 Pfg., es
ist dadurch dem waidgerechten Jäger Gelegenheit gegeben, sich verhältnismäßig
billig für die bevorstehende Hühnerjagd einzuschießen und der Sportschütze kann
sich überzeugen, daß das scharfe Auge und die sichere Hand noch in der nötigen
Form sind. Für das Schießen stehen sehr gute Selbstspannerflinten zur Verfügung.
Da in nächster Zeit die Meisterschaft von Borkum im Tontaubenschießen, die mit
wertvollen Preisen ausgestattet ist, ausgetragen wird, ist es empfehlenswert, sich
an dem täglich stattfindenden Uebungsschießen zu beteiligen.
Das Bild zeigt den ebenfalls von Eduard Wille betriebenen Tontaubenschießstand.
Dieser befand sich direkt gegenüber der Wilhelmshöhe (Standort der alte
Wilhelmshöhe I). Im rechten Hintergrund ist die Rückseite Halle der
Kurverwaltung zu sehen.
Im rechten Vordergrund ist der für die Betreuung der Schießanlage fest
angestellte Förster zu sehen, der die sich im Unterstand befindende Tontauben-
Wurfmaschine bedient. Das Schussfeld verlief über das für diesen Zweck
angepachtete Gelände in Richtung Signalstelle.
Hinten rechts im Bild befindet sich Eduard Wille.
An den Strand gespültes Treibeis.
Diese Aufnahme stammt aus der Zeit um 1929.
Diese Aufnahme stammt aus der Zeit um 1942.