Ein lüttjet Wicht un de
Wiehnachtsmann
Ein kleines Mädchen und der
Weihnachtsmann
Jan sien lüttje Dochder was nu haast fiev Jahr old,
man de Glowe an de Wiehnachtsmann satt in hör, so
fast inmüürt, daar kunnen uk de grotere Kinder mit
hör Gekauel – de Wiehnachtsmann, dej gefft dat
neit! – hör noit van offbrengen. In hör Oogen was
dat ein staffolde Baas mit ein lange witte Bart, dej
mit sien Kuutze elket Jahr weer van de Heemel
kwamm un för alle Kinderkes allemachdeg moij
Spöltüüg over harr.
Die kleine Tochter von Jan war nun fast fünf Jahre
alt, aber der Glaube an den Weihnachtsmann saß in
ihr, so fest eingemauert, da konnten auch die
größeren Kinder mit ihrem Geschwätz - den
Weihnachtsmann, den gibt es nicht! - sie nicht
davon abbringen. In ihren Augen war das ein sehr
alter Meister (Chef, Boss) mit einem langen weißen
Bart, der mit seiner Kutsche jedes Jahr vom Himmel
kam und für alle Kinder unglaublich schönes
Spiezeug (über) hatte.
Dit Jahr uk, dat stunn ja wall fast! Seej harr uk ja
noit Kwaads daan – uk as hör Mauder fakers mal
skellen de, dat hör Kamer neit upskiert was. Dat
harr de Wiehnachtsmann wiss neit mitkregen off bit
tau de hooge Fierdag weer vergeten. Van’t Jahr sull
heej hör ein Puppenweige brengen un ein glautneeje
Puppke mit moij Haar un uk neeje Kleier un noch ein
heile büllte Saaken mehr, all wat so’n lüttje Kuckel
gaud bruken kunn.
Dieses Jahr auch, das stand ja wohl fest! Sie hatte
ja auch nie Böses getan - auch wenn ihre Mutter
öfter schimpfte, dass ihr Zimmer nicht aufgeräumt
war. Das hatte der Weihnachtsmann bestimmt nicht
mitbekommen oder bis zu dem hohen Feiertag
wieder vergessen. Dieses Jahr sollte er ihr eine
Puppenwiege bringen und eine funkelnagelneue
Puppe mit schönem Haar und auch neue Kleider und
noch viele andere Sachen mehr, die ein (liebes)
Kleinkind gut gebrauchen kann.
Man daar was noch wat un dat sull nüms weiten: de
lüttje Stummel harr ein Presentje för hör Olden un
uk wat för hör grote Breuer. Dat harr seej in de
Kindergarten sülvst makt. Nüdlek inpackt harr seej
de Baul stiekum under hör Bedde verstoppt, heil
achtern in de Hauk. De Grooten sullen wall kieken,
as seej mit hör Rewe ankwamm. Man dat man
daarover nix vertellen dört, dat was doch düchdeg
stuur.
Aber da war noch etwas und das sollte niemand
wissen: die Kleine hatte ein Geschenk für ihre Eltern
und auch etwas für ihren großen Bruder. Das hatte
sie im Kindergarten selbst gemacht. Hübsch
eingepackt hatte sie die Sachen heimlich unter ihr
Bett versteckt, ganz hinten in der Ecke. Die Großen
würden wohl gucken, wenn sie mit ihren Sachen
ankam. Aber das man darüber nichts erzählen darf,
das war doch tüchtig schwer.
Nu kwamm de hoogste Dag nader un de Tied gung
neit vörbi. Dat Wachten was ja elendeg. De
Vörkamer up Slött, dat Teedrinken namm gein Ende,
de Karke för de Lüttjen was heil moij, weer na Huus,
noch neit düster. Weer ein Happke tau eten un
mitnander an de Tavel sitten un spölen. Man miteins,
wat was dat? Ein Klockje was an’t lüden, erst sachte,
dann hard. „Daar is d’r, de Wiehnachtsmann“, see
Vader. Dat Wichtje umhoog, mit grote Oogen, um de
Hauk luuren, weer rüggels, Vader muss mit, um
dann versichdeg in de Vörkamer tau stappen.
Nun kam der hohe Tag näher und die Zeit ging nicht
vorbei. Das Warten war ja furchtbar. Das
Wohnzimmer abgeschlossen, das Tee trinken nahm
kein Ende, der Gottesdienst für die Kleinen war sehr
schön, wieder nach Hause, noch nicht dunkel.
Wieder ein Häppchen zu essen und zusammen am
Tisch sitzen und spielen. Aber plötzlich, was war
das? Ein Glöckchen läutete, erst leise, dann lauter.
„Da ist er, der Weihnachtsmann“, sagte Vater. Das
Mädchen hoch, mit großen Augen, um die Ecke
lauern, wieder zurück, Vater muss mit, um dann
vorsichtig in das Wohnzimmer zu gehen (stapfen).
De Wiehnachtsmann was all weer weg. Daar stunn
de grote Wiehnachtsboom mit brannende Keerssen.
Mauder was d’r un uk de grote Breuer tau
smüsterlachen. Nu koom man nahder, mien lüttjet
Wicht. Kiekes, dat is all för di. Nee, wat ein
Aardegkeit un Bliedskup. Under de witte Deken
stunn wiss un waarafteg ein Puppenweige. Un ein
neeje Puppke. Un ein Teller mit Skickergaud un all
dat, wat hör Hoope west was. Nu wassen uk de
Groten an’t knüsseln bi hör Packjes un de Lüttje
neide in Hundjedrafft in hör Kamer un haalde hör
Gaud. De Ollden wassen ut Stür un de grote Breuer
gaff hör ein dicke Duutje.
Der Weihnachtsmann war schon wieder weg. Da
stand der große Weihnachtsbaum mit brennenden
Kerzen. Mutter war auch da und der große Bruder
schmunzelte. Nun komm schon näher, mein kleines
Mädchen. Guck mal, das ist alles für dich. Nein,
welch ein Spaß und Freude. Unter der weißen Decke
stand wahrhaftig eine Puppenwiege. Und eine neue
Puppe. Und ein Teller mit Süßigkeiten und alles das,
was sie sich erhofft hatte. Nun waren die Großen
dabei ihre Päckchen aufzumachen und die Kleine
flitzte (im Hundetrab) in ihr Zimmer und holte ihre
Sachen. Die Eltern waren erstaunt (wörtlich: aus dem
Steuer) und der große Bruder gab ihr einen dicken
Kuss.
Man dann satt seej doodstille up de Deele, see gein
Woord, spölde uk neit. T’was, as off seej up wat
luurde. Wat is d’r? Bist neit bliede mit dien Saaken?
Dat Wichtje see erst nix, man miteins kwamm dat
hooge Woord drut: Un wat krieg ik van jau? – Man
du mien leiwe Tied, Kind, daar is de Weige, daar is
de Puppe, daar is dit un dat.
Aber dann saß sie ganz still (todstill) auf dem Boden,
sagte kein Wort, spielte auch nicht. Es war, als ob
sie auf etwas lauerte. Was ist los? Bist du nicht froh
mit deinen Sachen? Das Mädchen sagte erst nichts,
aber dann kam (das hohe Wort) es raus: Und was
bekomme ich von euch? Ach du liebe Zeit, Kind, dort
ist die Wiege, dort ist die Puppe, dort ist dies und
das.
Nee, nee, see dat lüttje Menske, dat is all van de
Wiehnachtsmann! Ik harr moje Saaken för jau,
tegensiedeg hebben ji jau bedocht, man van jau,
mien eigen Olden, hebb ik nix kregen! Dicke
Traantjes in de Oogen.
Nein, Nein, sagte das kleine Menschenkind, das ist
alles vom Weihnachtsmann! Ich hatte schöne
Sachen für euch, gegenseitig habt ihr euch bedacht,
aber von euch, meinen eigenen Eltern, habe ich
nichts bekommen! Dicke Tränen in den Augen.
Vader un Mauder satten staff, keeken sück an,
funnen gein Woorden.
Vater und Mutter saßen fassungslos (hoch erstaunt),
sahen sich an, fande keine Worte.
Un ji grote Mensken? Wat harrn ji dann seggt?
Und ihr, (die) große Menschen? Was hättet ihr (dann)
gesagt?