Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 Norddeutscher Lloyd Norddeutscher Lloyd Borkum Borkum
Beim Bau der Dampfer „Bremen" und „Europa" waren auf den Werften zusammen rund 10000 Arbeiter beschäftigt. Dazu kommen weiter hinzu die Angehörigen der übrigen direkt und indirekt am Bau der beiden Schiffe beteiligten Berufe, wie das technische und kaufmännische Personal der Werften und der Reederei, ferner die an den umfangreichen Materiallieferungen beteiligten Angestellten und Arbeiter zahlreicher Firmen und Unternehmungen in allen Teilen Deutschlands, sowie endlich auch die in den Fabriken und Werkstätten, die mit der Lieferung von Möbeln, Stoffen, Porzellanen, Silber - und Nickelgeräten und sonstigen Ausrüstungsgegenständen aller Art beauftragt sind, beschäftigten Angestellten, Handwerker und Arbeiter, deren Zahl allein schon sich schätzungsweise auf etwa 3000 Köpfe beläuft. Die Kiellegung für den Dampfer „Bremen" auf der Deschimag- Werft in Bremen erfolgte am 18. Juni 1927, die Kiellegung für den Dampfer „Europa" auf der Werft von Blohm & Voß am 23. Juli 1927. Die Zahl der Besatzung jedes Schiffes umfaßt ca. 1000 Personen. Im Vergleich zum „Columbus" erhöht sich das an den Maschinen und Apparaten der Dampfer „Bremen" und „Europa" tätige Personal um annähernd 90%. Ebenso verändert sich die Zahl der Offiziere, Bootsleute, Zimmerleute, Steurer, Matrosen und der sonst auf Deck beschäftigten Personen. Ganz besonders verlangt die Unterbringung, Bedienung und Verpflegung der 3200 Personen (einschließlich Besatzung) an Bord, für deren dauernde Bequemlichkeit alles getan wird, eine entsprechende Vergrößerung des Personals. Das Verwaltungspersonal der „Bremen" und „Europa", dem wesentlich erweiterte Aufgaben zufallen, muß gegenüber dem des „Columbus" um die Hälfte vermehrt werden. Die Dampfer „Bremen" und „Europa" sollen über Geschwindigkeiten verfügen, die es ihnen gestatten, von Bremen nach Neuyork in 6 Tagen und von den Kanalhäfen nach dem gleichen Ziel in 5 Tagen zu fahren. Beide Schiffe erhalten eine Größe von 46000 Br.-Reg.-Tonnen. Sie werden damit die größten Schiffe der deutschen Handelsflotte sein und das bisher größte deutsche Schiff, den 32500 Br.-Reg.-Tonnen großen Dampfer „Columbus" des Norddeutschen Lloyd noch um etwa 14000 Br.-Reg.-Tonnen übertreffen. Beide Schiffe werden überseeische Reisende in der I. und II. Klasse, in der dritten Kajüte für Touristen und in der III. Klasse befördern. Welch gewaltige Proviantmengen für die Verpflegung von bis zu 3200 Personen, für deren Beförderung (einschließlich Besatzung) die Schnelldampfer eingerichtet sein werden, für eine Rundreise Bremen- Neuyork-Bremen erforderlich sind, zeigen nachstehende Ziffern: Allein etwa 985 Ztr. Fleisch, Wurstwaren, Pasteten usw. müssen in Bremerhaven jedesmal an Bord genommen werden. Ferner 280 Ztr. Fische, Schaltiere und ähnliches, 350 Ztr. Geflügel aller Art, 80 Ztr. Brot und Pumpernickel, dazu 440 Ztr. Mehl, aus dem an Bord in elektrisch geheizten Öfen Brot und Gebäck hergestellt wird. Der errechnete Kaffeeverbrauch stellt sich auf ungefähr 43 Ztr., außerdem sind 3 Ztr. Tee und 6 Ztr. Schokolade und Kakao erforderlich. Vorrätig sind weiter zu halten: 17500 l Milch, 2000 l Sahne, 140 Ztr. Butter, 20 Ztr. Schmalz, 90000 Eier, 40 Ztr. Salz, 15000 Flaschen Wein aller Art, 15000 Flaschen Mineralwasser, 300 hl Bier, 18000 Zigarren, 120000 Zigaretten usw. Als besonders bemerkenswert ist hinsichtlich des Bordbetriebes hervorzuheben, daß neben dem riesigen Speisesaal I. Klasse auf beiden Schnelldampfern ein großes Restaurant eingebaut ist, das von den Reisenden aufgesucht wird, die ihre Mahlzeiten nach eigener Wahl und auf eigene Kosten einzunehmen wünschen und demgemäß lediglich den Fahrpreis ohne Verpflegungsgeld zahlen. Die Dampfer „Bremen" und „Europa" sind mit allem erdenklichen Komfort der Neuzeit eingerichtet. Das bezieht sich nicht nur auf die 1. Klasse, in der neben einfacheren Zimmern eine Anzahl Luxuskabinen, Suiten usw. mit dem üblichen Zubehör, wie Privatbädern, Kofferraum usw., vorhanden sind, sondern auch auf die übrigen Klassen, deren Salons eine künstlerische Ausstattung erhalten haben, wie sie bisher auf Schiffen irgendwelcher Art und Größe nicht zu finden sind. Breite, geschützte und ungeschützte Promenadendecks, Sport- und Spieldecks geben ausgiebig Gelegenheit zum Aufenthalt im Freien, zu ausgedehnten Spaziergängen und sportlicher Betätigung. Verkaufsstände für Bücher, Blumen aus der Schiffsgärtnerei, Konfitüren und die verschiedenartigsten Gebrauchs- und Geschenkartikel, Reiseandenken usw. reihen sich weiter den für den Bordbetrieb unerläßlichen Büros und Verwaltungsräumen an. Jedes Schiff hat vier Schrauben, von denen jede in Bronze aus einem Stück gegossen ist und 17 t = 17000 kg wiegt. Das Gesamtgewicht der acht Schrauben beträgt somit 136000 kg. Ein Vergleich des Schraubengewichts mit dem Gewicht der bekannten amerikanischen Freiheitsstatue, die mehr als 90 m hoch ist und ein Gewicht von 225 000 kg hat, ergibt, daß die acht Schrauben der Schnelldampfer „Bremen" und „Europa" gewichtsmäßig nur um 89000 kg hinter dem Gewicht der Freiheitsstatue zurückbleiben. Die „Europa" ist am 15. August und die „Bremen" am 16. August 1928 vom Stapel gelaufen. Die Taufe der letzteren vollzog der amerikanische Botschafter Shurmann, während Reichspräsident von Hindenburg die Taufe der „Bremen" vornahm. Der gleichzeitige Stapellauf und die fast gleichzeitige Indienststellung zweier für eine und dieselbe Reederei erbauten Schiffe von der Größe der Dampfer „Bremen" und „Europa" (je 46000 Br.-Reg.-Tonnen) steht in der Geschichte des Schiffsbaues bislang einzig da. Jedes Schiff hatte ein Ablaufgewicht von mehr als 32000 t, d. i. mehr als 32 Millionen Kilogramm.
Auszug aus dem Reisehandbuch: Angaben über den Bau und die Einrichtung der Vierschrauben- Turbinen- Schnelldampfer „Bremen" und „Europa". Zur Ausstattung der Schnelldampfer „Bremen" und „Europa" hat der Norddeutsche Lloyd Künstler und Architekten herangezogen, deren Ruf für eine erstklassige Ausführung der ihnen übertragenen Arbeiten bürgt.
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