Goethe - leevt dej Fent noch?
Goethe - lebt der (junge) Bursche
noch?
Ein Klöttje junge Lü harrn sück tau ein „literarische
Kreis“ binander funnen, um dej lange groue
Winterdagen up dat Eiland ein bitje tau vermojern.
Tau't lesen un tau akkedeiern kwammen seej de
Riege na in verskeiden Husen tausamen.
Eine Gruppe junger Leute hatte sich zu einem
„literarischen Kreis“ zusammengefunden, um die
langen grauen Wintertage auf dem Eiland ein
bisschen zu verschönern. Zum Lesen und darüber
zu sprechen (diskutieren) kamen sie der Reihe nach in
verschiedenen Häusern zusammen.
Nu harr man sück in de Avendtied weer truffen un
sück de grote Dichter Johann Wolfgang van Goethe
utsöcht, over dej man proten wull. Uk hau he dat mit
de junge Wichter harr un dat he uk in't hooge Older
ein Oog up de Froulü harr.
Nun hatte man sich in der Abendzeit wieder
getroffen und sich den großen Dichter Johann
Wolfgang von Goethe ausgesucht, über den man
sprechen wollte. Auch wie er das mit den jungen
Mädchen hatte (hielt) und das er auch im hohen Alter
ein Auge auf die Frauen hatte.
Eine van de Deilnehmers lesde vör, dej andern
wassen an't lüstern. In de Hauk bi de warme Ovend
satt dej olde Grootje van de Familie un lüsterde de
Woorden van de junge Lü. Man dat, wat in dat
Klöttje over proot waarden de, was so heil un dall
neit dat, wat seej van Huus ut wennt was, hau man
tau leven harr, umdat de Lü neit over di prooten.
Eine von den Teilnehmern las vor, die anderen (waren
am lauschen) lauschten. In der Ecke bei dem warmen
Ofen saß die alte Großmutter von der Familie und
lauschten den Worten (von den) der jungen Leute.
Aber das, was in der Gruppe besprochen wurde, war
so ganz und gar nicht das, was sie von Haus aus
gewöhnt war, wie man zu leben hatte, damit die
Leute nicht über dich reden.
Wat'n elendege Baul, hett seej bi sück docht. Sowat
hett dat up Börkum noit geven.
Was für eine furchtbare Sache, hat sie bei sich
gedacht (innerlich). So etwas hat es auf Borkum nie
gegeben.
Seej was recht bestött over dej malle Fent. Dej was
ja akelk, dej olde Windbüdel. Un dann vertellten dej
junge Lü noch van de Leivde van de Dichterfürst tau
dat heil junge Wicht Ulrike von Levetzow. Nu was
dat Maat vull. Oma harr de Nöse vull un see miteins
hart un düdlek: „ Harrejarses, Nee. Wat swiensk, so
van eine na de andere tau fleigen. Leevt dej Fent
noch? Man sull sück skamen, as so eine bi uns over
de Drüppel kummt!“
Sie war richtig bestürzt über diesen schlimmen
Burschen. Der war ja eklig, dieser alte Windbeutel.
Und dann erzählten die jungen Leute noch von der
Liebelei des (von dem) Dichterfürsten zu dem sehr
jungen Mädchen Ulrike von Levetzow. Nun war das
Maß voll. Oma hatte die Nase voll und sagte
plötzlich hart und deutlich:“ (Ausdruck des Abscheus!
Ursprünglich Herr Jesus) Harrejarses, Nein. Wie
schweinisch (schmutzig), so von einer zu der anderen
zu fliegen. Lebt der Bursche noch? Man soll sich
schämen, wenn so einer bei uns über die
Türschwelle kommt!“