Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 T O P T O P
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Der folgende lustige plattdeutsche Beitrag behandelt eine Kernfrage der deutschen Literatur.
Goethe - leevt dej Fent noch? Goethe - leevt dej Fent noch?
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
Sprachausgabe des plattdeutschen Textes!
Start der Sprachausgabe: Mausklick auf das obige Dreieck
Goethe - leevt dej Fent noch?
Goethe - lebt der (junge) Bursche noch?
Ein Klöttje junge Lü harrn sück tau ein „literarische Kreis“ binander funnen, um dej lange groue Winterdagen up dat Eiland ein bitje tau vermojern. Tau't lesen un tau akkedeiern kwammen seej de Riege na in verskeiden Husen tausamen.
Eine Gruppe junger Leute hatte sich zu einem „literarischen Kreis“ zusammengefunden, um die langen grauen Wintertage auf dem Eiland ein bisschen zu verschönern. Zum Lesen und darüber zu sprechen (diskutieren) kamen sie der Reihe nach in verschiedenen Häusern zusammen.
Nu harr man sück in de Avendtied weer truffen un sück de grote Dichter Johann Wolfgang van Goethe utsöcht, over dej man proten wull. Uk hau he dat mit de junge Wichter harr un dat he uk in't hooge Older ein Oog up de Froulü harr.
Nun hatte man sich in der Abendzeit wieder getroffen und sich den großen Dichter Johann Wolfgang von Goethe ausgesucht, über den man sprechen wollte. Auch wie er das mit den jungen Mädchen hatte (hielt) und das er auch im hohen Alter ein Auge auf die Frauen hatte.
Eine van de Deilnehmers lesde vör, dej andern wassen an't lüstern. In de Hauk bi de warme Ovend satt dej olde Grootje van de Familie un lüsterde de Woorden van de junge Lü. Man dat, wat in dat Klöttje over proot waarden de, was so heil un dall neit dat, wat seej van Huus ut wennt was, hau man tau leven harr, umdat de Lü neit over di prooten.
Eine von den Teilnehmern las vor, die anderen (waren am lauschen) lauschten. In der Ecke bei dem warmen Ofen saß die alte Großmutter von der Familie und lauschten den Worten (von den) der jungen Leute. Aber das, was in der Gruppe besprochen wurde, war so ganz und gar nicht das, was sie von Haus aus gewöhnt war, wie man zu leben hatte, damit die Leute nicht über dich reden.
Wat'n elendege Baul, hett seej bi sück docht. Sowat hett dat up Börkum noit geven.
Was für eine furchtbare Sache, hat sie bei sich gedacht (innerlich). So etwas hat es auf Borkum nie gegeben.
Seej was recht bestött over dej malle Fent. Dej was ja akelk, dej olde Windbüdel. Un dann vertellten dej junge Lü noch van de Leivde van de Dichterfürst tau dat heil junge Wicht Ulrike von Levetzow. Nu was dat Maat vull. Oma harr de Nöse vull un see miteins hart un düdlek: „ Harrejarses, Nee. Wat swiensk, so van eine na de andere tau fleigen. Leevt dej Fent noch? Man sull sück skamen, as so eine bi uns over de Drüppel kummt!“
Sie war richtig bestürzt über diesen schlimmen Burschen. Der war ja eklig, dieser alte Windbeutel. Und dann erzählten die jungen Leute noch von der Liebelei des (von dem) Dichterfürsten zu dem sehr jungen Mädchen Ulrike von Levetzow. Nun war das Maß voll. Oma hatte die Nase voll und sagte plötzlich hart und deutlich:“ (Ausdruck des Abscheus! Ursprünglich Herr Jesus) Harrejarses, Nein. Wie schweinisch (schmutzig), so von einer zu der anderen zu fliegen. Lebt der Bursche noch? Man soll sich schämen, wenn so einer bei uns über die Türschwelle kommt!“
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