Freede
Friede
Wiehnachten in Freede – so neumt man de
Fierdagen van’t Jahr 1945. Sess lange Jahren
Oorlog. Millionen van Mensken dod. Weedefrouen
satten in Huus. Hör Mannlü bin fallen. För Volk un
Vaderland. Un för eine, dej Führer wesen wull un de
Mensken heerleke Tieden tauseggt hett. Un nix as
Nood un Elend brocht hett.
Weihnachten in Frieden – so nennt man die
Feiertage des Jahres 1945. Sechs lange Jahre Krieg.
Millionen von Menschen tot. Witwen saßen zu Haus.
Ihre Männer sind gefallen. Für Volk und Vaterland.
Und für einen, der Führer sein wollte und den
Menschen herrliche Zeiten zugesagt hat. Und nur
Not und Elend gebracht hat.
Bliede kunn dej wesen, dej noch ein Dack over de
Kopp harr. Un ein bitje tau eten. Uk as dat man
freewat schraa was, wat up de Teller lagg. Bin d’r
noch Verwandskup un gaude Nahbers, dej Stön
gaffen, kunn man de Heer up Kneejen Dank seggen.
De Lüttjen mit hör grote Ogen, dej neit wussen, wat
Krieg was off Freede, man gau d’r achter kwammen,
dat neit all up Stee was, harrn Leivde wall nödeg.
Froh konnte der sein, der noch ein Dach über den
Kopf hatte. Und ein wenig zu essen. Auch wenn es
überwiegend ärmlich (bescheiden) war, was dort auf
dem Teller lag. Sind da noch Verwandte und gute
Nachbarn, die Unterstützung gaben, konnte man
dem Herr (Gott) auf (den) Knien danken (Dank sagen).
Die Kleinen mit ihren großen Augen, die nicht
wussten, was Krieg war oder Friede, aber rasch
merkten, dass nicht alles in Ordnung war, hatten
(die) Liebe (wohl) nötig.
Elendeg kwammen dej Mensken dör de Tied, dej uk
noch hör Heimat verloren harrn. Drut trappt van
Huus un Hoff, van dej Lü, dej nu dat Seggen harrn.
Ein lüttje Kuffer mit Gaud un bloot mit dej Plünnen,
dej man antrecken kunn, mehr neit! Siet Junimaand
was de lüttje Marie up Padd un nu stunn all
Wiehnachten vör de Dör. Veier Lü wassen seej:
Grootvader, Grootmauder, hör Breuer Gerhard mit
sien elf Jahren un Marie, dej noch neit na’t Skaule
gung. Hör Mauder was bi de lange Weg achterut
bleven, seej un de lüttje Süster Heidi, dej erst ein
Jahr old was.
Elendig kamen die Menschen durch die Zeit, die
auch noch ihre Heimat verloren hatten.
Herausgeworfen (getreten) von Haus und Hof, von
den Leuten, die jetzt an der Macht waren (das Sagen
hatten). Ein kleiner Koffer mit (Hab und) Gut und nur
mit (der) Kleidung, die man anziehen konnte, mehr
nicht! Seit Juni war die kleine Marie unterwegs (auf
dem Pfad) und jetzt stand schon Weihnachten vor der
Tür. Sie waren vier Leute: Großvater, Großmutter,
ihr Bruder Gerhard mit seinen elf Jahren und Marie,
die noch nicht zur Schule ging. Ihre Mutter war auf
dem langen Weg zurück geblieben, sie und die
kleine Schwester Heidi, die erst ein Jahr alt war.
Nett as de iesege Wind over’t Land truck, harrn seej
ein Hunk funnen. Ein lüttje Kamer bi frömde Lü.
Marie kwamm in de Kindergarten. Dat was heil moij.
Hier wassen ander Kinder tau spölen, leive Froulü un
Wichter, dej mit hör Wiehnachtsliedjes sungen
hebben. Mitnander hebben seej uk lüttje Saaken
bastelt. Marie harr ein lüttje Puppke binander
knüsselt un ein Kindergärtnerin hett hör hulpen. Dat
Puppke wull Marie hör lüttje Süster tau Wiehnachten
geven. Wiehnachten kummt wiss all dat, waar man
Hartsehr na hett un wat eine in stille Stünden dör de
Kopp geiht. Dat hett Grootvader seggt un Marie harr
de starke Glove, dat Wiehnachten hör Mauder tau de
Dör instappen de.
Gerade als der eisige Wind über's Land zog, hatten
sie Unterschlupf gefunden. Ein kleines Zimmer bei
fremden Leuten. Marie kam in den Kindergarten.
Das war sehr schön. Hier waren andere Kinder zum
spielen, liebe Frauen und Mädchen, die mit ihr
Weihnachtslieder gesungen haben. Zusammen
haben sie auch kleine Sachen gebastelt. Marie hatte
eine kleine Puppe zusammen gefummelt und eine
Kindergärtnerin hat ihr geholfen. Das Püppchen
wollte Marie ihrer kleinen Schwester zu
Weihnachten geben. (Zu) Weihnachten kommt
bestimmt alles (das), wonach man sich sehnt
(Herzschmerz nach hat) und was einen in stillen Stunden
durch den Kopf geht. Das hat Großvater gesagt und
Marie hatte den starken Glauben, das (zu) Weih-
nachten ihre Mutter durch die Tür kam (stapfte).
Un de hooge Avend kwamm. In de Gemeindesaal
was ein heil moje Fier mit Spölen un Gesang un ein
Püüt mit lecker Slickergaud was d’r uk over. Man so
recht bliede kunn Marie neit wesen. Waar was hör
Mauder? Marie fung an tau krieten un dicke
Traantjes leipen over hör Wangen. Miteins gung de
Dör open un well stunn daar? Hör Mauder! Dat was
de moiste Wiehnachten siet Jahren.
Und der hohe Abend kam. In dem Gemeindesaal
war eine sehr schöne Feier mit Spielen und Gesang
und eine Tüte mit leckeren Schleckereien war auch
über. Aber so recht froh konnte Marie nicht sein. Wo
war ihre Mutter? Marie fing an zu weinen und dicke
Tränen (Tränchen) liefen über ihre Wangen. Plötzlich
ging die Tür auf und wer stand da? Ihre Mutter! Das
war das schönste Weihnachten seit Jahren.
Man waar was de lüttje Süster Heidi? För hör was
doch dat Puppke. Mauder gung mit Marie vör de Dör
un wees na de Heemel: Süchst du de lüttje Steern?
Daar is Heidi un kikkt up uns andaale.
Aber wo war die kleine Schwester Heidi? Für sie
war doch das Püppchen. Mutter ging mit Marie vor
die Tür und zeigte zum Himmel: Siehst du den
kleinen Stern? Dort ist Heidi und guckt auf uns
runter.
Disse naare Tieden bin all lang vörbi. Mensken, dej
mit uns dör’t Leven stappt bin, liggen up Karkhoff un
jüst in disse stille Maand gahn de Gedachten taurügg
an all dej, dej wi leiv hatt hebben. Laat uns uk an de
Mannlü denken, dej fallen bin, waar nix bleev as hör
Name up dat Kriegerdenkmal. Vergeet hör neit!
Diese jämmerlichen Zeiten sind schon lange vorbei.
Menschen, die mit uns durch das Leben gelaufen
(gestapft) sind, liegen auf (dem) Friedhof und gerade in
diesem stillen Monat gehen die Gedanken zurück an
alle, die wir lieb hatten. Lasst uns auch die Männer
denken, die gefallen sind, wo nichts blieb als ihr
Name auf dem Kriegerdenkmal. Vergesst sie nicht!