… nu hebben wi Saison
... jetzt haben wir Saison
T'was vör Jahr un Dag. Dat liggt Jahren taurügg. Tau
dej Tied harrn de Vaders un Mauders mehr Kinder as
vandage. Bi de Akkermanns un bi de Teerlings, um
tweej olde Börkumer Familien tau neumen, wassen
tien bit dartien Kinder nix besünders. Un dat was
neit so mackelk hör dör de Tied tau kriegen. Dat
gung bitieden freewat ruug her in so ein grote
Huusholln, man bi all dej Drockde un dat Wark hett
man eins noit vergeten:
Es war vor Jahr und Tag. Das liegt Jahre zurück. Zu
der Zeit hatten die Väter und Mütter mehr Kinder
als heute. Bei den Akkermanns und bei den
Teerlings, um zwei alte Borkumer Familien zu
nennen, waren zehn bis dreizehn Kinder nichts
Besonderes. Und das war nicht so einfach sie durch
die Zeit zu bekommen. Das ging bisweilen
ordentlich rau zu in so einem großen Haushalt, aber
bei aller Geschäftigkeit und Arbeit hat man eins nie
vergessen:
kwamm dat Middageten up de Tavel, satt de heile
Familie binander un bevör Mauder an upschkeppen
was, muss de jungste Söhn dat Gebedd proten un de
Heergott Dank seggen för dat lecker Mahl.
kam das Mittagessen auf dem Tisch, saß die ganze
Familie zusammen und bevor Mutter auftischte (hier:
am Auftischen war), musste der jüngste Sohn das Gebet
sprechen und dem Herrgott Dank sagen für das
leckere Mahl.
Man in de Sömmer, in de Baadtied, was dat alltied
ein bitje anders. De Badegasten stunnen in de Midde
un dat heile Leven drumtau dreihde sück bloot um
de Lü van de faste Walle. Mauder muss bitau noch
de Waske koken un na de Bleike brengen, de Kamers
hemmeln un bi ein neeje Anreise mit witte Skude vör
de Dör wachten. De Kinder mussen in Huus stille
wesen (Pst - de Badegasten komen!) un de grote
Kuffers van un na de Bahnhoff brengen. Vader stunn
vör't Huus mit de lange Piepe tau dampen, man as
de Drockde hum tauvöl was, gung heej ankerup, in't
Hopp na de Boot off mit sien Paschepanten hen tau
granatjen. Un so was uk bitieden dat Middageten
neit so as man dat in de lange Wintermaanden
wennt was.
Aber im Sommer, in der Badezeit (so wird auf Borkum die
Sommersaison genannt), war das immer ein wenig
anders. Die Badegäste standen im Mittelpunkt (hier:
in der Mitte) und das ganze Leben drumherum drehte
sich nur um die Leute von Festland (hier: fester Wall).
Mutter musste zusätzlich noch die Wäsche kochen
und zur Bleiche (Rasen- oder Wiesenstück) bringen, die
Zimmer säubern und bei einer neuen Anreise mit
weißer Schürze vor der (Haus-)Tür warten. Die
Kinder mussten im Haus still sein (pst- die Badegäste
kommen!) und die großen Koffer von und zum (hier:
nach dem) Bahnhof bringen. Vater stand vor dem
Haus mit der langen Pfeife zu dampfen, aber wenn
ihm die Betriebsamkeit (Geschäftigkeit) zu viel wurde,
ging er los (hier: Anker auf), ins Hopp (Gewässer an der
Ostseite Borkums) zu dem Boot oder mit seinen
Kumpels hin zum Granat (Garnelenart) fangen. Und so
war auch bisweilen das Mittagessen nicht so wie
man das in den langen Winterabenden gewöhnt
war.
Nu mutt man neit meinen, dat de Saison so lang was
as vandage. Bit tau de 15. Mai was Börkum noch ein
lüttjet Dörp, man van dej Dag off an kwammen seej,
de fiene Lü mit hör hoogdütse Sprake. Un dat Leven
leip anders as vörtied.
Nun muss man nicht meinen, dass die Saison so
lange war wie heute. Bis zum 15. Mai war Borkum
noch ein kleines Dorf, aber von dem Tag an kamen
sie, die feinen Leute mit ihrer hochdeutschen
Sprache. Und das Leben verlief anders als vorher.
Man up so ein 15. Mai is dit gebört up't Eilandje
Börkum: De Familie satt um de Middagstied all
mitnander an de Tavel un man harr noch gein
Badegasten. Dej kwammen dat Jahr ein paar Dage
later. Vader follde sien Handen un see tegen sien
jungste Söhn: Willm, segg dat Gebedd mit Dank an
de Heer!
Aber an so einem 15. Mai ist dies passiert auf der
Insel (hier: Inselchen) Borkum: Die Familie saß um die
Mittagszeit alle zusammen an dem Tisch und man
hatte noch keine Badegäste. Die kamen in jenem
Jahr ein paar Tage später. Vater faltete seine Hände
und sagte zu seinem jüngsten Sohn: Willm, sag das
Gebet mit Dank an dem Herrn!
Willm skoot umhoog, harr de Lepel all in de Hand un
see düdlek un mit faste Stemme: „Nee, Vader, nu
mutt ik neit mehr beden, nu hebben wi Saison!“
Willm schoss hoch, hatte den Löffel schon in der
Hand und sagte deutlich mit fester Stimme: “Nein,
Vater, jetzt muss ich nicht mehr beten, jetzt haben
wir Saison!“