Dat Hemd van de Nacht
Das Nachthemd
(Das Hemd von der Nacht)
Martha un Kalli hebben noch ein Pension mit
Frühstück, neit so neejmaudse Ferienwohnungen.
Un de Kamers bin alltied gaud verhürt. Anderlessens
gung dat Telefon un ein Heer wull ein Kamer hüren,
tausamen mit sien Frou, för dreej off veier Dage.
Kiek, daar is nett ein Lücke, dann willn wi man
seggen van Ja. Dat Paartje kwamm. Heej gaud in’t
Fleiss, mit ein fix Lievke, Hemd bit tau de Naffel
open, fixe Dotte Haaren up de Borst un ein
allemachdeg Goldkettje um de Hals. Na sien Proten
harr heej ein Fabrik un alltied düchdeg Geld in’t
Knippke. Sien Ollske Stück off wat Jahren junger,
feine Figur, alles satt an de rechte Stee.
Martha und Kalli haben noch eine Pension mit
Frühstück, nicht so neumodische Ferienwohnungen.
Und die Zimmer sind jederzeit gut vermietet.
Neulich ging das Telefon und ein Herr wollte ein
Zimmer mieten, zusammen mit seiner Frau, für drei
oder vier Tage. Guck, da ist gerade eine Lücke, dann
wollen wir mal Ja sagen. Das Pärchen kam. Er gut
im Fleisch, mit einem tüchtigen Bäuchlein, Hemd bis
zum Nabel offen, einen ordentlichen Haufen Haare
auf der Brust und ein gewaltiges Goldkettchen um
den Hals. Nach seinen Erzählungen hatte er eine
Fabrik und jederzeit viel Geld im Portemonnaie.
Seine Ehefrau [seine Alte] eine Anzahl von Jahren
jünger, feine Figur, alles saß an der rechten Stelle.
Elke Avend wassen dej beiden up Padd. Düchdeg
eten un drinken, man as seej laat mit ‘n Snee in’t
Ohr na Huus kwammen, wassen seej an’t juchtern
un malljagen, dat ander Gasten all ein bitje
grammieterg keken. Un mörgens neit tau’t Nüst ut.
Um tien Ühr gung Martha mit de Huulbessen dör de
Flur, all up un daal, un seej hett uk fakers mit de
Stoffsuger tegen de Dör stött. Evkes lüstern. Na ja,
kiek, kummt ja wat Bewegen in de Kamer.
Jeden Abend waren die beiden unterwegs [Pfad -
schmaler Weg]. Tüchtig essen und trinken, aber wenn
sie spät beschwippst [angeheitert - wörtlich: mit einem
Schnitt im Ohr!] nach Hause kamen, neckten sie sich
und alberten herum [.., waren sie am Necken und
Herumalbern,], dass die anderen Gäste schon ein
wenig unfreundlich guckten. Und morgens nicht aus
dem Nest heraus. Um zehn Uhr ging Martha mit
dem Staubsauger [Heulbesen] durch den Flur, immer
rauf und runter, und sie stieß auch öfter mit dem
Staubsauger gegen die Tür. Eben lauschen. Na ja,
kuck, es kommt ja Bewegung ins Zimmer.
Na veier Dagen kwamm de Reken up de Tavel. Dej
Badegast see, t’was heil moij west up’t Eiland, man
ein lüttje Skientje bitau harr d’r neit over. Uk gein
Blaumke off ein Kische Pralinee. Wat sallt. Un dej
Parfümrök van dej beiden satt in de Gardinen un in’t
Beddegaud un gung d’r haast neit ut. Bi’t
Skoonmaken funn Martha under de Bedden ein
Stückje Stoff, dat was ein Nachthemd. Man wat för
eine. Ut Siede, kunnst haast dörkieken, heil fien un
heil lüttjet. Ein peperdür Dingereis. Martha hollde
sück de lüttje Freejskieterke vör de Borst un gung
na Kalli: Na, wat hollst daarvan? Kalli waarde recht
ein bitje witt um de Nöse: Hest du di dat kofft? Is
dej neit ein bitje lüttjet för di? Verkaul di man neit!
Martha see van Törffkopp un gnees tüsken de
Tannen: Bitieden sull man de Keerl in de Maarse
skuppen.
Nach vier Tagen kam die Rechnung auf den Tisch.
Der Badegast sagte, es wäre sehr schön gewesen
auf der Insel, aber einen kleinen Schein zusätzlich
hatte er nicht über. Auch kein Blümchen oder ein
Kästchen Pralinen. Was solls. Und der
Parfümgeruch von den beiden saß in den Gardinen
und im Bettzeug und ging dort beinah nicht raus.
Beim Saubermachen fand Martha unter den Betten
ein Stückchen Stoff, das war ein Nachthemd. Aber
was für eins. Aus Seide, konntest beinahe
durchgucken, ganz fein und ganz klein. Ein sündhaft
teures Ding. (pfefferteuer - Ausdruck soll aus der Zeit der
Kontinentalsperre kommen, als der Pfeffer sehr teuer war)
Martha hielt sich das kleine Hemdchen
[Freischeißerchen] vor die Brust und ging nach Kalli: Na,
was hältst davon? Kalli wurde richtig ein wenig
weiß um die Nase: Hast du dir das gekauft? Ist das
nicht ein bißchen klein für dich? Erkälte dich nur
nicht! Martha sagte etwas von Torfkopp und
knirschte zwischen den Zähnen: Bisweilen soll man
den Kerl in den Hintern treten.
Mörgen, as de Lü weer in hör Hunk bin, will ik hör
evkes anraupen, see Martha, dann stür ik hör dat
Dingereis weer tau. Dann is de Frou seker bliede. In
de Anmeldung steiht de Adresse, dann kann ik ja bi
de Auskunft na de Telefonnummer fragen. Dat
Menske an’t ander Ende melde sück mit de rechte
Name un Martha vertellde hör heil fründlek van dat
Nachthemd, dat seej funnen harr.
Morgen, wenn die Leute wieder in ihrem Zuhause
sind, will ich sie eben anrufen, sagte Martha, dann
schicke ich das Ding wieder zu. Dann ist die Frau
sicher froh. In der Anmeldung steht die Adresse,
dann kann ich ja bei der Auskunft nach der
Telefonnummer fragen. Die Frau am anderen Ende
meldete sich mit dem richtigen Namen und Martha
erzählte ihr ganz freundlich von dem Nachthemd,
das sie gefunden hatte.
Dodstille. Miteins futerde de Frou, dat seej noch noit
up Börkum west was. Un wat dat sull! Un wat dat för
ein Wiev west was! Un seej harr nu de Nöse vull!
Alltied dej Kleiereej van hör Keerl mit junge Wichter!
Seej wull futt na de Avkaat hen! Dej Blixem sull
bleuden, dat hum de Ogen tranen! Un un harr seej
ja ein Tüge. Bitte Name und Anschrift! Martha bleev
de Lücht in’t Halsgatt sitten. Sachte, heil sachte hett
seej de Hörer van’t Telefon weer daal leggt. Noit,
noit weer stür ik de Badegasten hör Baul na, dej se
liggen laten hebben, see Martha.
Totenstille. Mit einem Mal schimpfte die Frau, dass
sie noch nie auf Borkum gewesen war. Und was das
sollte! Und was für ein Weib das gewesen war! Und
sie hätte jetzt die Nase voll! Immer diese Schmie-
rerei von ihrem Mann mit jungen Mädchen! Sie
würde sofort zu dem Rechtsanwalt hin! Der Teufel
soll bluten, dass ihm die Augen tränen. Und jetzt
hätte sie ja einen Zeugen. Bitte Namen und
Anschrift! Martha blieb die Luft im Hals sitzen.
Vorsichtig, ganz vorsichtig hat sie den Hörer vom
Telefon wieder hinunter gelegt. Nie, nie wieder
schicke ich den Badegästen ihre Sachen nach, die
sie liegen gelassen haben, sagte Martha.
Un waar is dat Hemd van de Nacht nu? Fragt man
Martha, is seej bloot an smüsterlachen un seggt nix.
Und wo ist das Nachthemd [.. Hemd von der Nacht ..]
jetzt? Fragt man Martha, ist sie nur am schmunzeln
und sagt nichts.