De Badegasten komen.
Die Badegäste kommen.
In mien Kindertied was sömmerdags dat heile
Vörhuus an Badegasten verhührt. Wi kwammen
mitnander up Böhn, over ein lüttje Trappe mit ein
hollten Luke. An ein Ende Tou hung ein tien Punds
Gewicht. Boven muß man de Kopp intrecken, so
leeg, dat man mit de Hals tau't Dackfenster utmuss,
wull man ein Hemd over de Kopp strüpen. Under dat
Pappdack was dat in de Baadtied glujend heit.
In meiner Kinderzeit war während der Sommer-
monate [sommertags] das ganze Vorderhaus an Gäste
[Badegäste] vermietet. Wir schliefen zusammen [..
kamen zusammen ..] auf dem Dachboden -,- über eine
kleine Treppe mit einer hölzernen Luke. Daran hing
an einem Tau ein zehnpfündiges Gewicht [An einem
Stück Tau hing .. ]. Man musste den Kopf einziehen
[Oben musste man .. ] -,- es war so niedrig, dass man
mit dem Hals aus dem Dachfenster heraus musste,
wollte man sich ein Hemd über dem Kopf streifen.
Unter dem Pappdach war es in der Saison [Badezeit]
glühend heiß.
Unse Badegasten wassen meisttied elket Jahr weer
de sülwegste Gesichten. In August kwamm alltied
ein Familie ut Sauerland, krinten-ketoolsk mit veier
Kinder. Dej fiefde kwamm d'r noch bi, daar hebben
seej seggt, dat was ein Börkumer Kind.
Unsere Gäste kamen oft jedes Jahr wieder [Unsere
Badegäste waren die meiste Zeit jedes Jahr wieder dieselben
Gesichter]. Im August kam regelmäßig eine Familie
aus dem Sauerland, erzkatholisch mit vier Kindern.
Das Fünfte kam noch hinzu und es wurde gesagt [..,
da haben sie gesagt, ..], es wäre ein Borkumer Kind.
Ik kreeg dat neit in de Verstand, dej Lüttje was doch
neit up't Eilandje geboren. Kwamm daar de Proot
over, fungen mien Lü an't smüsterlachen. Satt ik
daarnast, see Oma: "Pst, stille, Kind sitt d'r bi".
Ich kapierte das nicht [Ich kriegte das nicht in den
Verstand, ..], das Kleine war doch nicht auf der Insel
geboren. Wenn darüber gesprochen wurde,
schmunzelten meine Leute [Kam da das Gespräch drüber,
fingen meine Leute an zu schmunzeln.]. Saß ich daneben,
sagte Oma: “Pst, ruhig, das Kind sitzt zwischen uns
[ .., Kind sitzt dabei].”
In Julimaand kwamm ut Hannover Familie P. Heej
was Mester an de Gewerbeskaule. Dat wassen leive
Lü, heej un seej un de Dochder. De Mauder was ein
bitje klunterg, dej wammste um de Middagstied, as
Oma evkes up Ohr lagg, allemachdeg mit de
Kökenskapplaa. Oma ziesde.
Im Juli [Julimonat] kam aus Hannover Familie P. Er
war Lehrer an der Berufsschule. Es waren liebe
Leute, er und sie und die Tochter. Die Mutter war
ein bisschen ungeschickt, sie knallte um die
Mittagszeit, wenn Oma sich ein wenig ausruhte [..,
wenn Oma eben auf dem Ohr lag, ..], mit der Schublade des
Küchenschrankes [.., mächtig mit der Küchenschublade.].
Oma war stinksauer [ziesen: sehr böses Zischen].
All dej Jahren was dat best up Stee. Daar kwamm,
dat neeje Jahr was nettekraat ein paar Dage old, ein
Breif ut Hannover. De Dochder van P.s harr sück
under de Wiehnachtsboom verloovt, uk mit ein
Mester, sien Name was Fröhlich un heej wull nu mit
na Börkum. Off dat wall angahn kunn? Na dann
fröhliche Weihnachten, see Oma un fung an't
siemeleiern: Dej beide ollde P.s packen wi boven in
de Noordkamer, de Dochder kummt up ander Siet in
de Südkamer und de Brügumm in't Underhuus in de
olderlike Slaapkamer, daar hett man hum gaut in't
Oog. So geiht dat un neit anders, see Oma, stiev
reformeierd.
In den ganzen Jahren war alles bestens in Ordnung.
Da kam, das neue Jahr war gerade ein paar Tage
alt, ein Brief aus Hannover. Die Tochter von P. s
hatte sich unter dem Weihnachtsbaum verlobt, auch
mit einem Lehrer, sein Name war Fröhlich und er
wollte auch mit nach Borkum. Geht das? [Ob das wohl
möglich war?] Na, dann fröhliche Weihnachten, sagte
Oma und überlegte [.. fing an zu überlegten:]: Die beiden
alten P. s packen wir oben in das Nordzimmer, die
Tochter kommt auf der anderen Seite in das
Südzimmer und der Bräutigam im unteren Haus in
das elterliche Schlafzimmer, dort hat man ihn unter
Kontrolle [.. gut im Auge.]. So soll es sein [So geht das und
nicht anders], sagte Oma, streng reformiert.
T'warde Sömmer, Julimaand, heemels Weer. P.s
wassen d'r uk mit de Brügumm, ein lange Slentert
van Fent, man heil leiv. Was alles in de Riege, heej
makde gein Merakels.
Es wurde Sommer, Monat Juli, himmlisches Wetter.
P.s waren auch da mit dem Bräutigam, ein langer
Lulatsch [.., eine aufgeschossene Person (Slentert) von Junge
(Fent), ..], aber sehr nett. Es war alles bestens in
Ordnung, er machte keinen Lärm und keine
Umstände.
Dagsover wassen seej meisttied up Strand, dann
was dat moij freelek in Huus, uk under de
Middagstied. Man nett um disse Tied kwamm ein
paar Dage later ein dicke Gewitterböij dranbrusen.
Oma flutterde upgedreit um't Huus tau. Wall harrn
de Badegasten hör Fensters bit tau de Hängen open
smeeten. Oma in Hundjedrafft mit hör kaarte
Beintjes de Trappen umhoog, erst na de
Noordkamer, de Fensters dicht rieten, dann na de
Südsiet brusen, Dör open skören, sünder tau
kloppen, Fensters dicht, dreiht sück um ... well liggt
daar under Deck, mit nix an un keeken hör an mit
Ogen as Rohmsköttels: dej Fent van Fröhlich mit dat
Madamke van P.s!
Tagsüber waren sie meistens am Strand, dann war
es schön friedlich im Haus, auch während der
Mittagszeit. Aber gerade um diese Zeit brauste ein
paar Tage später eine schwere Gewitterbö heran.
Oma flatterte aufgeregt um das Haus. Natürlich
hatten die Gäste ihre Fenster weit aufgerissen [.. bis
zu den Scharnieren aufgeschmissen.]. Oma in schnellen Schritten
[im Hundetrab] mit ihren kurzen Beinen die Treppe
hoch, zuerst in das Nordzimmer, die Fenster
zugeworfen, dann zur Südseite gebraust, Tür
aufgerissen ohne anzuklopfen, Fenster zu, dreht
sich um … wer liegt da im Bett, vollkommen
ausgezogen und guckten mit Augen, so groß wie
Sahnekummen: dieser Bursche von Fröhlich mit
dem Frauenzimmer von P.s!
Oma bleev de Lücht in't Halsgatt sitten. Buten
Verstand kwamm seej weer na beneden. In de
Sömmerköken in't Achterhuus kwamm seej weer bi
un skull un skull. Dej Swienebaul, un dat in hör
Huus, noch neit trout un nu dit un dann noch um de
Teetied. Nee, dat is tauvöl, drut mit dat Volk, dej
komen mi neit weer over de Drüppel.
Oma blieb die Luft weg [.. Luft im Halsloch stecken.].
Ohne klaren Verstand kam sie wieder nach unten.
In der Sommerküche im hinteren Teil des Hauses
kam sie wieder zu sich und schimpfte und
schimpfte. Diese Schweinerei, und das in ihrem
Haus, noch nicht verheiratet und jetzt das und dann
noch während der Teezeit. Nee, das ist zu viel, raus
mit den Leuten, die kommen mir nicht wieder über
die Türschwelle.
Daar hörde wat tau, Oma tau bessüssen. P.s
kwammen ander Jahr weer, man de Grapp was droff.
Es war nicht einfach [Da gehörte was zu, ..] Oma zu
beschwichtigen. P.s kamen im folgenden Jahr
wieder, aber der Glanz war verloren.