Hett heej uk krait?
Hat er auch gekräht?
Ein heil olde Bruukdom up’t Eilandje Börkum is de
Maiboom, dej de Börkumer Junges an de Saterdag
vör Pingsten upstellen. Tiss ein heil grote Boom un
lett as ein Mast un heil boven in de Toppe hangt ein
Körv mit ein levende Hahne d’r in. Freten un Supen
hett heej ruum un heej sall kraien up
Pingstsönndagmörgen. Dat bedütt, dat de
Börkumers ein gaude Sömmer verwachten könen.
Ein sehr alter Brauch auf dem Eiland Borkum ist der
Maibaum, den die Borkumer Jungens am Samstag
vor Pfingsten aufstellen. Es ist ein sehr großer
Baum und sieht aus wie ein Mast und ganz oben in
der Spitze hängt ein Korb mit einem lebenden Hahn
darin. Fressen und Trinken hat er reichlich und er
soll krähen am Pfingstsonntagmorgen. Das be-
deutet, dass die Borkumer einen guten Sommer
erwarten können.
Man na de olde Wennst mutten de Junges de Hahne
stehlen. Dej Lü, dej hum hören deit, dörn d’r neit
achter komen. Un so gung dann vör Jahr un Dag ein
lüttje Klöttje van händege Junges s’avends up
Stapp.
Nach altem Brauch müssen die Jungens den Hahn
stehlen. Die Leute, denen er gehört, dürfen nicht
dahinter kommen. Und so machten sich vor Jahr
und Tag eine kleine Gruppe von behänden (fast
erwachsenen) Jungens des Abends auf den Weg.
Vörtied harrn seej all stiekum utkeken, well Haunder
harr. Un bi eine, neumen wi hum Heini, was wall wat
tau halen. T’was balkenacht, as seej up Toontjes heil
versichdeg over ein Steckje klautern un over ein
Sloot springen mussen. Ein leege Tuffelsack in de
Hand. Seej kropen as Musen over dat Dack van de
Haunderhuck un wassen d’r haast dör rummelt. De
Dör was up Ticke, man daar wassen seej neit bang
vör. Ein bitje Geknüssel un open was de Baul.
Vorher hatten sie sich schon heimlich umgesehen,
wer Hühner hatte. Und bei einem, nennen wir ihn
Heini, war wohl etwas zu holen. Es war finstere
Nacht, als sie auf Zehenspitzen ganz vorsichtig über
einen Zaun kletterten und über einen Schlot
springen mussten. Einen leeren Kartoffelsack in der
Hand. Sie krochen wie Mäuse über das Dach vom
Hühnerstall und wären beinahe dadurch gefallen.
Die Tür war verschlossen, aber davor waren sie
nicht bange. Ein wenig Gefummel und offen war die
Sache.
Un nu, Überraschungsangriff! HSK
(Haunderstehlklöttje) vörut! Lücht an! De grote
Bunte, dej is’t! Griep hum, in de Sack. Drut un weg!
De Haunder up Rick harrn de Ogen noch up de
Gliewe un bin d’r haast neit achterkomen, wat daar
geböhrde un dat eine van hör Volk d’r neit mehr
was.
Und jetzt, Überraschungsangriff! HSK (Hühnerdieb-
stahlkommando) voraus! Licht an! Der große Bunte,
der ist es! Greif ihn, in den Sack. Raus und weg! Die
Hühner auf der Sitzstange hatten die Augen nur
halb geöffnet und sind fast nicht dahinter gekom-
men, was da passierte und das einer von ihrer Sippe
nicht mehr da war.
De Junges, natt van Sweit, man uk ein bitje stollt,
mussen up hör Belevsel erst ein Lüttje hebben. Seej
satten an de Back in de Kraug un de Hahne kwamm
an de Lücht un kreeg uk eine mit. Up ein Bein kann
man neit stahn un so was dat heil geselleg mit de
Hahne midden tüsken hör. Eine van de Junges see
wall: Dej lett mi ja wat raar, unse Hahne sagg
frauger anders ut. Du Kauel, dat is ein besünder
Ssoort.
Die Jungens, nass vor Schweiß, aber auch ein wenig
stolz, mussten nach diesem Erlebnis erst einen
Kleinen haben. Sie saßen am Tresen in der Kneipe
und der Hahn kam an die Luft und bekam auch
einen. Auf einem Bein kann man nicht stehen und
so war es ganz gesellig mit dem Hahn mitten da
zwischen. Einer der Jungens sagte wohl: das kommt
mir komisch vor, unser Hahn sah früher anders aus.
Du Kwasselkopf, das ist eine besondere Sorte.
Ein Dag later hung dat Deier in de Börkumer
Maiboom un an de Körv stunn tau lesen: Ik krai för
Heini! Un jüst dej kwamm wat later anstappen:
Ein Tag später hing das Tier im Borkumer Maibaum
und am Korb war zu lesen: Ich krähe für Heini! Und
gerade der kam etwas später angelaufen:
Bin ji Kwaddaunders bi mien Haunderstalle west?
Siet Jahr un Dag bin ik an’t trillen, as de
Pingsterdagen komen un de Junges achter mien
Huus umme lopen un de Blaumen un Planten platt
trappen. Un de Haunder up de Dod verskricken, dat
seej haast gein Eier leggen willn. Noit, noit sall dat
wesen bi mien Huus un Hoff. Veiertien Dage för
Pingstern kriggt de Hahne bi mi de Kopp off ! Wat ji
daar boven in de Körv hebben, is eine van mien
Haunder!
Seiht ihr Bösewichte bei meinem Hühnerstall
gewesen? Seit Jahr und Tag zittere ich, wenn die
Pfingsttage kommen und die Jungens hinter
meinem Haus rumlaufen und die Blumen und
Pflanzen zertreten. Und die Hühner auf den Tod
erschrecken, dass sie fast keine Eier mehr legen
wollen. Nie, nie soll das sein bei meinem Haus und
Hof. Vierzehn Tage vor Pfingsten bekommt der
Hahn bei mir den Kopf ab! Was ihr dort oben im
Korb habt, ist eine meiner Hühner!
Neit all, wat bunt utsücht, kann uk kraien!
Nicht alles, was bunt aussieht, kann auch krähen!