Fackelzug
unse Börkumer Fürwehrkapelle taudocht.
Fackelzug
unserer Borkumer Feuerwehrkapelle zugedacht
As ik noch ein lüttje Bötel was, harr ik alltied
Bliedskup, unse Fürwehrkapelle tau bekieken. De
Mannlü in hör moij Packje, vörweg Onkel Evert
Wybrands mit ein lüttje Stockje tau weihen, dej
groote Tuters, dej lüttje Fleuterkes, dej handege
Trummel un dej dicke Backbeist mit de allemachdeg
deipe Klang, wat ein Aardegkeit tau lüstern. Leipen
seej in glieke Tree achternander an, harr ik
Halswark mit mien lüttje Beintjes mit tau börsseln.
Als ich noch ein kleiner Knirps war, hatte ich immer
Freude, unsere Feuerwehrkapelle zu begucken. Die
Männer in ihrem schönen Anzug, vorne (weg) Onkel
Evert Wybrands mit einem kleinen Stöckchen zu
wehen, die großen Tuter, die kleinen Flöten, die
handliche Trommel und das Koloss mit dem
gewaltig tiefem Klang, welch ein Vergnügen zu
lauschen. Liefen sie im gleichen Schritt, hatte ich
(große) Mühe mit meinen kleinen Beinen mit zu
rennen.
Man uk an Trürdagen was unse Fürwehrkapelle mit
d'r bi. Was eine van hör Kameraden overleden un dej
was lüthers off katoolsk, gung de letztde Pad dör de
Süderstrate, bi de Reformeierden was de Gang bi
Dahlmeyer um de Hauk. In unse Winkel in de
Süderstrate kunn ik dat Wark achter de Ruuden
gaud offluren. Vörweg kwamm de Fürwehrkapelle
mit versichdege sware Stappen, gein Gluut was tau
hören as van de swarmaudege Trummelstocken,
daar achter dej ander Mannlü van de Fürwehr, de
Peerden mit düster Dauk over de Rügge, de
pickswarte Dodewagen tau rummeln over't Plaaster,
boven drup Kranzen un Blaumen, de Trürenden un
Achterblevenden achter an. Ik bleev stuuv stahn
achter de Ruuden, harr ik doch in de Luur, daar
kummt noch wat. Un wiss. Na ein Karteier kwamm
de Fürwehr taurügg van de Karkhoff un de Kapelle
stödde in't Hoorn, dat juchterde, de Tree van de
Mannlü nett so flügg un driffteg as alltied.
Aber auch an Trauertagen war unsere
Feuerwehrkapelle mit dabei. Wenn einer von ihren
Kameraden verstorben (war) und der war lutherisch
oder katholisch, ging der letzte Weg durch die
Süderstraße, bei den Reformierten war der Gang bei
Dahlmeyer (Hausname) um die Ecke. In unserem
(kleinen) Laden in der Süderstraße konnte ich das
Geschehen hinter den Fenstern gut belauern. Vorne
kam die Feuerwehrkapelle mit vorsichtigen
schweren Schritten, kein Laut war zu hören außer
den schwermütigen Trommelschlägen, hinter den
Männern von der Feuerwehr die Pferde mit dunklen
Tüchern auf dem Rücken, der pechschwarze
Totenwagen zu rummeln über das Pflaster, oben
drauf Kränze und Blumen, die Trauernden und
Hinterbliebenen hinterher. Ich blieb stocksteif
stehen hinter den Fenstern, wusste ich doch (Luur –
Lauer), da kommt noch was. Und wirklich. Nach einer
Viertelstunde kam die Feuerwehr zurück vom
Friedhof und die Kapelle blies ins Horn, das jubelte,
der Schritt der Männer lebendig und eifrig wie
immer.
Man ein Fackelzug in de Sömmermaand, dat muss ja
wall dat Hoogste wesen. Dat harr ik noch noit
beleevt. Mien Mamme harr sömmerdags gein Tied,
unse Winkel was s'avends noch laat open för de
Badegasten un meisttied kwammen de Börkumers
um tien Penning Mustert. Ik harr Hartsehr. Mien
Tante harr Beduuren mit mi un wull wall mit mi
gahn. Off ik ein Laterntje harr off neit, weit ik
vandage neit mehr tau vertellen.
Aber ein Fackelzug in den Sommermonaten, das
muss ja wohl das Höchste sein. Das hatte ich noch
nie erlebt. Meine Mama hatte im Sommer keine Zeit,
unser Laden war abends noch spät geöffnet für die
Badegäste und meistens kamen die Borkumer um
zehn Pfennig Senf. Ich hatte Herzschmerzen. Meine
Tante zeigte Bedauern (mit mir) und wollte wohl mit
mir gehen. Ob ich eine Laterne hatte oder nicht,
weiß ich heute nicht mehr zu erzählen.
De Tour gung van Strandvilla Hawich off, vörbi an
Bakker's 'Strandvilla, Dippmanns Strandhotel,
Schmidt's Nordsee-Hotel, Villa Ines, de Kaiserhof
van Kämpfer, Köhler's Strandvilla, Dykmann's
Viktoria-Hotel bi na Willi Hohenzollern. Büllten
Mensken, wi beiden d'r midden tüsken, Nee, neit
wahr, heil vör an de Tippe, futt achter de Kapelle
wassen wi tau finnen. Flügge Musik van de Spölers
mit de Trummels un Tuters, bliede un lachende
Mensken um uns tau, ik was riek. Man de Bliedskup
dürde neit lang. Ik harr dat all lang in de Luur:
achter mi was ein Badegastkeerl tau de Tree ut, he
flappde mit sien engelse Fauten alle Gedühr tegen
mien Hacken un so kwamm dat, wat geböhren muss.
Tweej malle Treden van hum un ik lüttje Blautje harr
de Skau ut, bloot dat Vörende hung löss um de
Toonen tau. Ik huckselde noch ein Endje wieder,
man dat was ein elendege Baul. Mien Tante kreeg
dat heile Wark neit erst so recht mit, seej hiesde mi
wieder, man dör de halfgebacken Loopereej kwamm
seej d'r achter, wat gebört was.
Die Tour ging ab der Strandvilla Hawich, vobei an
Bakker's Strandvilla, Dippmanns Strandhotel,
Schmidt's Nordsee-Hotel, Villa Ines, der Kaiserhof
von Kämpfer, Köhler's Strandvilla, Dykmann's
Viktoria-Hotel bis zu Willi Hohenzollern. Ein Haufen
Menschen, wir beide mittendrin, Nein, nicht wahr,
ganz vorne an der Spitze, gleich hinter der Kapelle
waren wir zu finden. Flotte Musik mit den Trommeln
und Blasinstrumenten, frohe und lachende Men-
schen um uns herum, ich war selig. Aber die Freude
dauerte nicht lange. Ich hatte das lange gemerkt
(Luur-Lauer): hinter mir war ein Badegast aus dem
Takt (Schritt), er klatschte mit seinen englischen
Füßen (Sprichwort) alle Augenblicke gegen meine
Hacken und so kam das, was passieren musste.
Zwei komische Tritte von ihm und ich kleines Wesen
verlor die Schuhe, nur das Vorderende hing lose um
die Zehen herum. Ich strumpelte noch ein Stück-
chen weiter, aber es war eine entsetzliche Sache.
Meine Tante bekam die ganze Sache erst nicht so
recht mit, sie zerrte mit weiter, aber durch die
komische Lauferei (halbgebacken) kam sie dahinter,
was passiert war.
Wi beiden mussen tau de Riege ut, dat ander Volk
leip wieder, de Musik was miteins sachte, ik blarrde
Snött un Kwiel. Mien Tante was brissen. Seej
knaujede de Skaubanden open, gnees mit tau: Holl
di stille, wies mi de Keerl! Skau weer an, in
Hundjedrafft an dat heile Lü vörbi. Daar is de
elendege Sleiv, dej Lelkert! Mien Tante stukte mi
achter hum in de Riege, gaff d'r nix na, off dej
andern futern un moppern deen. Wi kwammen liek
achter de Badegast tauhande. Mien Tante keek mit
kürege Oogen na benenden un mit groote Stappen
trappde seej de Vörlooper alltied weer up de
Hacken. Dat kwamm hör neit an, dat he sück
umkeek un skull.
Wir beiden mussten aus der Reihe, die anderen
liefen weiter, die Musik war plötzlich leise, ich
heute Rotz und Wasser. Meine Tante war wütend.
Sie fummelte mühsam die Schuhbänder auf,
knirschte mir zu: Sei still, zeig mir den Kerl! Schuhe
wieder an, in Hundsgalopp an allen Leuten vorbei.
Da ist der entsetzliche Typ, der Bösewicht! Meine
Tante stieß mich hinter ihm in die Reihe, gab nichts
drauf, ob die anderen schimpften und meckerten.
Wir liefen genau hinter dem Badegast. Meine Tante
guckte mit blitzenden Augen nach unten und mit
großen Schritten trat sie dem Vorläufer immer
wieder auf die Hacken. Das interessierte sie nicht,
dass er sich umdrehte und schimpfte.
Dat dürde man ein kaart Settje un seej harr dat
kroppt: Dej akelke Unnösel was tau de Skau ut. Hum
bleev nix anders over as bi't Siet tau stappen. Mien
Tante un ik, wi smeeten uns in de Borst, Kopp in de
Necke un sungen ut hoogste Fatt all dej moje Liedjes
mit, dej de Fürwehrkapelle up ein Fackelzug up
Börkum spölt.
Das dauerte nur eine kurze Zeit und sie hatte es
geschafft: Der garstige Dummkopf war aus den
Schuhen. Ihm blieb nichts anderes über als zur
Seite zu treten. Meine Tante und ich, wir warfen uns
in die Brust, Kopf in den Nacken und sagen aus
voller Kehle (hohes Fass) all die schönen Lieder mit,
die die Feuerwehrkapelle bei einem Fackelzug auf
Borkum spielt.