De Dröm
Der Traum
Anderlessens kunn ik de Slaap neit finnen. Erst
tegen de Mörgen fullen mi de Ogen dicht. Miteins
sagg ik ein lüttjet Dörp midden in’t Water . Stück off
wat Burenhusen, ein paar Fiskerlü, neit völ Mensken
harrn hier hör Blievde. Wat Nahbersplichten bin,
wussen seej bestgaud, denn in Bliedskupp un in
grote Trür mutt up ein gaude Nahberskupp Verlaat
wesen. Elk harr plenty Wark up sien Plaatze, man
alltied kwammen de Lü binander, um de Diek tau
verhoogen un de Sloot skoon tau maken. Dat
neumde man Meentewark un geineine dors achterut
blieven.
Neulich konnte ich den Schlaf nicht finden. Erst
gegen Morgen fielen mir die Augen zu. Plötzlich sah
ich ein kleines Dorf mitten im Wasser. Einige
Bauernhäuser, einige Fischer, nicht viele Menschen
hatten hier ihre Bleibe. Was Nachbarspflichten sind,
wussten sie sehr gut, denn bei Freude und in großer
Trauer muss auf eine gute Nachbarschaft Verlass
sein. Jeder hatte sehr viel Arbeit auf seinem Platz
(Hof), aber immer kamen die Leute zusammen, um
den Deich zu erhöhen und den Schlot (Graben) sauber
zu machen. Das nannte man Gemeinschaftsarbeit
und keiner durfte zurückstehen.
Mit de Jahren waarde dat Dörp groter un all mehr
Mensken harrn hier hör Hunk. Bi elke lüttje Gedau
de heile Lü binander haalen, dat was lasteg. So sull
ein Mannskupp d’r her, dej för ein kaart Settje
regeiern sull. Dej gaud mitnander kunnen, harrn de
glieke Klör, haast nettekraat as hör Paschepanten up
de faste Walle. Seej hebben vertellt, wat anners
waarden mutt, wat beter sall un hau man de
Groskens binander kriggt. Un seej nammen de Mund
neit tau vull. Well ein ander Meinen harr, kunn dat
freej seggen, man trappte sück neit tegensiedeg in’t
Underliev. Bloot de Wirtsmann in de Kraug wull in
sien Rümten gein Ruusje hebben. Daar hung ein
groot Sprökje an de Wand: Suup di vull un freet di
dick, man holl de Beck van Politik.
Mit den Jahren wurde das Dorf größer und immer
mehr Menschen hatten hier ihre Bleibe. Bei jedem
kleinen Getue alle Leute zusammen holen, das war
lästig. So sollte eine Mannschaft her, die für eine
kurze Zeit regieren sollte. Die gut miteinander
konnten, hatten die gleiche Farbe, fast genau so wie
ihre Begleiter (Teilhaber) auf dem Festland. Sie haben
erzählt, was anders werden muss, was besser
(werden) soll und wie man die Groschen zusammen
bekommt. Und sie nahmen den Mund nicht zu voll.
Wer eine andere Meinung hatte, konnte das frei
sagen, man trat sich nicht gegenseitig in den
Unterleib. Nur der Wirtsmann in der Kneipe wollte
in seinen Räumen keinen Ärger (Streit, Zank) haben.
Dort hing ein großer Spruch an der Wand: Sauf dich
voll und friss dich dick, aber halt den Schnabel über
Politik.
Un de Lü ut Dörp gungen hen tau kören. Well de
meiste Krüzkes kreeg, sull Stürmann wesen un dej
neit so völ harr, was neit futt up de Tipp treden. Un
dann harrn seej ein Mannskup binander, dej
tausamen in ein Boot satten. As dat Skip in’t Water
sull, satten seej all an Land un hebben de Kurs
fastleggt. Dej later up hoge Seej tegen’t Haar was
un mit de Rügge tau de andern satt, kunn man gau
bedüden, dat man so neit vörut kummt un minn
Fahrt upnehmen kann. All mitnander tillten de
Fingers umhoog: Hör Daun un Laten sull alltied dat
Beste för dat Dörp wesen.
Und die Leute aus dem Dorf gingen hin zu wählen.
Wer die meisten Kreuze bekam, sollte Steuermann
sein und der nicht so viel hatte, war nicht gleich
beleidigt. Und dann hatten sie eine Mannschaft
zusammen, die miteinander in einem Boot saßen.
Als das Schiff ins Wasser sollte, saßen sie alle an
Land und haben den Kurs festgelegt. Die später auf
hoher See dagegen waren (wörtlich: gegen dem Haar)
und mit dem Rücken zu den anderen saßen, konnte
man schnell bedeuten, dass man so nicht voraus
kommt und wenig Fahrt aufnehmen kann. Alle
zusammen hoben die Finger hoch: Ihr Tun und
Lassen sollte immer das Beste für das Dorf sein.
Miteins begünnde de Wecker tau bimmeln.De Dröm
was vörbi. Dat Radio gung an. T’was Wahlkampf.
Eine van de Proters bölkde knapphandeg:
Plötzlich begann der Wecker zu bimmeln. Der
Traum war vorbei. Das Radio ging an. Es war
Wahlkampf. Einer der Sprecher brüllte kurzerhand:
Hoch wi! Schiet up de annern!
Hoch wir! Dreck auf die anderen!