Aus historischer Sicht sind hinsichtlich der Konfessionen drei Gemeinden zu
benennen, die bereits im 19ten Jahrhundert auf der Insel Borkum Gotteshäuser
besaßen.
Als eigentliche Urgemeinde ist hier die ev. reformierte Gemeinde zu sehen. Diese
besaß bereits Mitte des 16ten Jahrhunderts ein Gotteshaus neben dem “Alten
Leuchtturm”.
Diese Kirche(n) wurde(n) mittlerweise
abgerissen.
Ein Pastor berichtet im Jahre 1872 von einem
Kirchenbesuch in der alten ref. Kirche.
Die heutige ev.-ref. Kirch aus dem Jahre 1897.
Zur Einweihungsfeier siehe die Seite
“Einweihung”.
Die kath. Kirche “Maria Stella Maris” aus dem
Jahre 1881.
Die ev.luth. Kirche “Christuskirche” aus dem
Jahre 1897.
Der Friedhof für die angeschwemmten Toten.
Auszüge aus Kirchenbüchern um 1873.
Im Gegensatz zu den ostfriesischen Inseln, deren Gemeinden der lutherischen
Konfession angehörten, war die Borkumer Gemeinde reformiert. Zurück zu führen
ist dieses auf die früheren Beziehungen zur reformierten Provinz Groningen
(Holland) sowie zum gleichfalls reformierten Amt Greetsiel.
Die erste Kirche wurde auf dem Platz des heutigen alten Leuchtturms errichtet, der im
Jahre 1576 als Navigationshilfe für die Schifffahrt auf der Ems durch die Stadt Emden
auf dem Standort des alten Kirchturms gebaut wurde. Die Bilder zeigen das Gotteshaus
aus dem Jahre 1805, das sich auf der westlichen Seite des Turms befindet.
Bis zum Jahre 1882 hatte die 1806 in einem hölzernen Glockenstuhl an der Südseite
der Kirche hängende kleine Schiffsglocke die Aufgabe, die Kirchengemeinde zum
Gottesdienst zu rufen. Diese nicht weit hörbare Glocke wurde am ersten
Adventssonntag 1882 durch eine große, 400 Kg schwere und wohltönende Glocke, die
nun im alten Turm installiert war, ersetzt. In Verbindung mit dieser Glocke erhielt der
Turm auch eine weit sichtbare Turmuhr.
Die im Jahre 1805 erbaute reformierte Kirche war sowohl innen als auch außen äußerst
schmucklos. Da die Franzosen während der Besetzung (1811) der Insel die
Kirchenbänke verfeuerten, mussten die Kirchgänger ihre eigenen Bänke mitbringen.
Weder die Kirche, die fast keine Einnahmen hatte, noch die Bevölkerung war zu dieser
Zeit in der Lage, die geraubten Kirchenbänke zu ersetzen. Erst 1862 konnten neben 50
neue Bänke mit ca. 292 Sitzplätzen auch eine kleine Kirchenorgel erworben werden.
Die alte Inselkirche wurde im Jahre 1903 abgerissen.
Ein Kirchenbesuch am 24. August 1872
Dieser auszugsweise wiedergegebene Bericht eines Pastors aus Bremen soll einen
kleinen Eindruck über die kirchliche Situation auf Borkum zur damaligen Zeit
vermitteln.
…. also mein lieber Forstmeister samt Frau und ich gingen zur Borkumer Kirche und
außer uns noch viele andere Badegäste, circa fünfzig bis sechzig. ......
Von den Insulanern, die damals mit ihrem Pastor nicht gut standen, war kaum ein
Dutzend anwesend. .....
Was nun unsern weiteren Gottesdienst in Borkum betrifft, so ist es nicht meine
Absicht, ausführlich darüber zu berichten. Der Prediger hatte nicht seine beste Stunde;
(und wer hätte nicht zuweilen schwache Stunden?) .......
Die Formen des Gottesdienstes waren so einfach und simpel, wie das Gotteshaus
selbst, das nur weiße Wände und Gestühl zeigte, und nicht anders wie ein gewöhn-
licher Saal gebaut war. Von Altar, Kreuz, Altarbild, überhaupt irgend ein Schmuck, fand
sich nicht die leiseste Andeutung; alles Dergleichen, was an Schönheit, Kunst und
Musik erinnert, hat ja der reformierte Puritanismus wie eine furchtbare Pest aus den
Kirchen verbannt. An eine Liturgie oder etwas Ähnliches ist natürlich gar nicht zu
denken, so dass, wenn einmal der Prediger nichts zu geben hat, oder wenn er über-
haupt nichts hat, für die Gemeinde dann eben gar nichts erreicht wird.
Die Borkumer aber sind von Alters her ”gut reformiert” gewesen, und zwar nach dem
spiritualistischen holländischen Typus. Trotzdem sie Untertanen des Deutschen Kaisers
sind, singen und beten sie auch jetzt noch lieber auf holländisch, wie auf deutsch.
Da das alte Gotteshaus durch die steigende Anzahl der Einwohner, aber auch der
Sommergäste, nicht mehr ausreichend Platz bot, wurde die Planung einer neuen
Kirche, ausgeführt von Baurat Otto March in Charlottenburg, in Auftrag gegeben.
Die Grundsteinlegung der ev. ref. Kirche erfolgte im Juni des Jahres 1896. Die
Einweihungsfeier fand im Juli 1897 statt.
Die Finanzierung erfolgte unter anderem durch mehrjährige Spendenaktionen sowohl
vor als auch nach der Erstellung. Die gesamten Baukosten beliefen sich auf ca. 125 000
Mark.
Die Finanzierung erfolgte unter anderem durch mehrjährige Spendenaktionen sowohl
vor als auch nach der Erstellung. Die gesamten Baukosten beliefen sich auf ca. 125 000
Mark.
Die Baukosten beliefen sich auf 35- 40000 Mk. und wurden durch freiwillige Beiträge
gedeckt. Die ebenfalls gestifteten Fenster schlugen mit ca. 1500 Mk. pro Stück zu
Buche.
Auf der obigen Abbildung der Katholischen Kirche ist in der linken Bildseite bereits das
(spätere) Erholungsheim Meeresstern zu sehen.
Der in den beiden Bildern zu sehende Dachreiter (Dachturm) wurde erst im Jahre 1899
erstellt.
Das ev. luth. Gotteshaus wurde im Jahre 1897 auf dem Grundstück erbaut, das der
hamburgische Bergwerksbesitzer Butenberg der ev. ref. Kirchengemeinde mit der
Bedingung, dass die neue Kirche den Namen ”Christuskirche” erhalten soll, als
Schenkung übereignete. Dieses ca. 1400 qm großes Grundstück war damals noch ein
reines Dünengebiet und befand sich im Bereich der Warmbadeanstalt.
Rechts im Hintergrund des oberen Bildes befindet sich das Warmbadehaus.
Links im Bild ist das neue Pfarrhaus zu sehen.
Bei dem Drinkeldoden - Kerkhoff handelt es sich um eine Begräbnisstätte, auf der die
am Strand angeschwemmten Toten, deren Namen und Herkunft nicht rekonstruierbar
waren, ihre letzte Ruhestätte fanden.
Die Beerdigung, sofern man hiervon sprechen
kann, fand ohne großen Aufwand statt, wobei
die Leichen in roh gezimmerten Särgen im
wahrsten Sinne des Wortes verscharrt
wurden. Weitere namentliche Bezeichnungen
für diese Art von Friedhöfen waren auch
”Friedhof der Heimatlosen”,
”Seefahrerfriedhof” sowie ”Friedhof der
Namenlosen”.
Der Friedhof befand sich im Vordünenbereich
der Quabben, ca. 70 Meter nördlich vom
katholischen Kinderheim ”Santa Maria”. Bei
dem auf dem Foto vom kath. Kinderheim
”Sancta Maria” zu erkennen Kreuz handelt es
sich vermutlich um die in der Nähe liegende Grabstätte eines Inselvogtes.
Auszüge aus einem Reisebericht von 1873 bezüglich der Begräbnisstätte:
’’’ Es ist eben nur ein Stück Land, mit mageren Rasen bewachsen und eingefriedet, wie
eine Viehweide. ... Der Kirchhof selbst ist also durch nichts ausgezeichnet, und wer
nicht weiß, dass hier ein Kirchhof ist, geht vorüber und merkt nichts. “Hier liegen nur
Schiffbrüchige”, sagte mir recht sehr kalt ein Insulaner. ...
Hier ist aber kein Kreuz, kein Leichenstein, kein Rosenstrauch, keine Trauerweide,
nicht ein einziges Zeichen der Liebe; ......
Nur einer ist da ganz in der Nähe begraben, dem man ein Denkmalgesetzt hat, oder
vielmehr, der sich’s selbst hat setzen lassen, - .........
Er ist einer der früheren Vögte der Insel, der mit den Borkumern in solchem Haß und
Feindschaft lebte, dass er testamentarisch bestimmte, er wolle auch im Tode nicht
unter ihnen ruhen, sondern bei den Fremden neben dem Drinkeldoden-Karkhof
begraben sein. .......
Dass hier sehr viele (Tote) liegen, sollte man dem Platze nicht ansehen, und doch ist es
so. Ein Blick in die Borkumer ”Karkenbäuker” zeigt, dass die Zahl der Leichen, die an
der Küste angespült wurden, oft viel größer war, wie die Zahl Derer, die auf der Insel
selbst verstorben sind. So lesen wir beispielsweise, dass im Jahre 1860 aus der
Borkumer Bevölkerung nur fünf Seelen hingeschieden sind, dagegen finden wir in der
Statistik desselben Jahres ein Register von dreiundzwanzig ”Drinkeldoden”, die hier
angetrieben wurden.
Die Gräber der angetriebenen Seeleute sind entweder gar nicht oder doch nur durch
eine kleine Erhöhung des Rasens bezeichnet, und nicht einmal in Särgen sind die
meisten beerdigt. Fand man in den Taschen des schiffbrüchigen Mannes nicht soviel an
Geld oder Geldeswert, dass man fünf oder sechs Bretter dafür kaufen konnte, so
umwickelte man die Leiche mit etwas Stroh, legte einen Ziegelstein auf ihr Gesicht und
senkte sie so in den leichten Sand der Düne.’’’’
Nachdem im Jahre 1875 im Bereich der südlichen Dünen (Deichstraße) der neue
Friedhof angelegt wurde, fanden die ”Heimatlosen” nun hier neben den Insulanern ihre
letzte Ruhestätte.
Die Kirchenbücher
Auszüge aus einem Reisebericht von 1873 bezüglich der Kirchenbücher:
’’’’ Aber nicht nur die Zahl der Leichen betreffend, findet man in den Kirchenbüchern aus dem
letzten Jahrhundert Verzeichnungen, sondern auch allerlei andere Notizen, in denen manches
gesagt ist, was sich über die schiffbrüchigen Leute sagen ließ. ....
Es ist eine große Kuriosität der Borkumer Kirchenbücher, dass da einesteils so viele Tote
verzeichnet sind, von deren Leben man nichts weiß, andererseits so viele, deren Leben man
sehr gut kennt, von deren Tode man aber kein Bescheid geben kann und die dennoch in das
Todesregister eingetragen sind. ....
Da heißt’s z. B.: ”Die Brüder N. N. verließen die Insel im Jahre 1806; sie fuhren zuerst auf einem
Amsterdamer Schiff; die letzten Nachrichten aber sind aus Christiania (Anmerkung: Oslo), von
dort gingen sie im Jahre 1811 auf einer norwegischen Brigg ”Mars” unter Segel. Da man von
diesem Fahrzeug nie wieder etwas gehört hat, so muss leider angenommen werden, dass es
samt der ganzen Mannschaft untergegangen ist”.
Was aber nun die Drinkeldoden betrifft, so finden sich in den Kirchenbüchern doch nicht nur die
Angaben ”Nr. 7 angetriebene Leiche, Nr. 9 angetriebene Leiche u. s. w.” sondern es ist da, wie
schon angedeutet wurde, sorgfältig zusammengetragen, was sich etwa über die Toten berichten
ließ; ....
Mit dem größten Interesse und nicht ohne starke Bewegung des Herzens habe ich seinerzeit die
Borkumer Kirchenbücher gerade in Betreff dieser namenlosen Leichen studiert. Leider habe ich
nicht die Zeit gefunden, die betreffenden Leichenbeschreibungen abzuschreiben. Aber ich
werde, was den Sinn betrifft, nicht weit fehl gehen, wenn ich aus dem Gedächtnis einige Proben
hersetze, damit der Leser ein Bild davon bekommt. Also Beispielsweise:
”Nr. 2: eine angetriebene Leiche, schon sehr in Verwesung übergegengen, Gesicht unerkennbar;
ein Mann von außergewöhnlicher Größe, mit starkem Vollbart und kurzem Haupthaar. Nach
seiner Kleidung und den fast unleserlichen Papieren aber zu schließen, war es der Kapitän des
englichen Dampfers Alliance, der auf unserem Riff vor vierzehn Tagen strandete und scheiterte
und davon kein Mensch gerettet ist. Er trug einen schweren goldenen Ring mit den Buchstaben
M. R. Ein englisch geschriebener Brief, der sorgfältig in Wachstuch eingewickelt war, ließ noch
soviel erkennen, das er von der Gemahlin geschrieben und das seit der Trennung der älteste
Sohn von elf Jahren gestorben, ein Mädchen aber geboren war. Die Unterschrift lautete: ’Nie
sehnte sich innige nach deiner Heimkehr deine ewig treue Therese.’ ”
”Nr. 5: Eine angetriebene männliche Leiche, ein Neger; er war auf Gesicht, Arme und Brust stark
tätowiert mit allerlei heidnischen Zeichen; fast unbekleidet, auf seinen Rücken die Narben einer
Wunde, die sechs Zoll groß war.” ”Nachschrift: Wie eben ein Schiffer aus dem Texel meldet, ist
an dem Tage, ehe diese Leiche hier antrieb, ein Neger, auf den obige Notizen passn, auf der
Höhe von Borkum durch eine Sturzwelle bei heftigem Nordweststurm über Bord gerissen. Er
war aus Kapstadt und seit vier Monaten zum Christentum übergetreten, sein Name ist N. N.”
”Nr. 7: Eine männliche Leiche, noch sehr gut erhalten, ein junger Mann von höchstens fünfund-
zwanzig Jahren; sehr anständig gekleidet und offenbar Passagier des
Schiffes, darauf er fuhr. Er trug unter Anderem ein Medaillon mit dem
Bilde eines jugendlichen Frauenzimmers auf der einen Seite, mit
einer kleinen blonden Locke auf der anderen Seite. Außerdem fand
sich bei ihm ein Psalmbüchlein in schwedischer Sprache und mit dem
Namen ’R. Upsala, im Jahre 1860.’ Dies ist also wahrscheinlich der
Name des Verunglückten, die Regierung wird dahinschreiben. Er
gehörte wahrscheinlich dem Dreimaster an, der vor drei Tagen
Angesichts der Insel versank und von dem bis dahin nur sechs Fässer
mit Petroleum und einige Trümmer angetrieben sind.
”Nr. 15: Eine angetriebene Leiche, total in Verwesung übergegangen,
nur ein Gürtel mit fremdländischen Buchstaben war noch ziemlich
erhalten, der Kopf war ganz glatt rasiert, wahrscheinlich war’s ein
Chinese.”
So geht’s weiter, zuweilen zehn Seiten lang und noch mehr. ’’’’