Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883
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Hilfe in Not - Strandung Hilfe in Not - Strandung
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
Sprachausgabe des plattdeutschen Textes!
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Hülpe in Nood
Hilfe in Not
Dat was fieleineg kold up’t Eilandje Börkum an de 20. Dezember 1829. Harde Wind mit Störmböijen dreven dat Iis all hoger up de Strand. Wall gaud, dej moij lecker warm bi’t Füür in Huus satt.
Das war schrecklich kalt auf der Insel Borkum am 20. Dezember 1829. Harter Wind mit Sturmböien trieben das Eis immer höher auf den Strand. Wirklich gut, der schön lecker warm beim Feuer im Haus saß.
Man eine is noch buten, kickt over’t Water. Klaas Klaasen van Dyk. Heil wiet buten up de Hubertplate drifft wat, is man nett tau seihn. Dat is ein Schipp un daar bin Mensken in Nood.
Aber einer ist noch draußen, guckt über’s Wasser. Klaas Klaasen van Dyk. Ganz weit draußen auf der Hubertplate treibt etwas, ist gerade noch zu sehen. Das ist ein Schiff und dort sind Menschen in Not.
Heej stappt gau weer na Huus, haalt sien Breuer Ebel Klaasen mit sien beide Junges Klaas un Geerd un sien Stüürmann Jan Luitjens Klein, dej 38 Jahr old is.
Er läuft schnell wieder nach Haus, holt seinen Bruder Ebel Klaasen mit seinen beiden Jungs Klaas und Gerd und seinen Steuermann Jan Luitjens Klein, der 38 Jahre alt ist.
T’is ein elendeg Geknauje, dat Boot over dej Bargen van Iisskullen tau slepen bit an’t opende Water.
Es ist eine furchtbare Arbeit (?Quälerei) das Boot über die Berge von Eisschollen zu schleppen bis an das offene Wasser.
De Seej geiht hoog. Dat Wark is stuur, man seej halen dreej Mann van Boord, dej düchdeg mindermachdeg un haast besefflos bin. Mitnander taurügg na Börkum, waar Schuul is un Warmte.
Die See geht hoch. Die Arbeit ist schwer, aber sie holen drei Mann von Bord, die kraftlos und fast bewußtlos sind. Miteinander zurück nach Borkum, wo Schutz ist und Wärme.
As dej Lüü weer bi Verstand bin, vertellen seej hör Beleevsel. Dat Schipp is de Tjalk „De Jüffer Engelina“ un hört Bruno Gerdes ut Lübbersfehn, 51 Jahr old. An de 18. November 1829 is heej van Newcastle in England mit Steinkohle un Steingaud offseilt un kwamm na fiev Dagen bi de Eems an.
Als die Leute wieder zu sich kommen, erzählen sie ihr Erlebnis. Das Schiff ist die Tjalk „ De Juffer Engelina“ (Jungfrau Engelina) und gehört Bruno Gerdes aus Lübbersfehn, 51 Jahre alt. Am 18. November 1829 segelte er von Newcastle in England mit Steinkohle und Steingut und kam nach fünf Tagen bei der Ems an.
Hier kwamm Störm up, mall un ruug Weer. Heej hett de Anker verloren un de Wind drückde hör alltied weer na Seej tau. De Seils un dat Fock gungen over Boord. Dat Eeten wuur all minder un haast gein Drüppke Water mehr tau drinken. Ein Dag minder as veier Weeke dreev de Tjalk in’t Water, kwamm haast neit vörut.
Hier kam Sturm auf, entsetzliches und rauhes Wetter. Er hat den Anker verloren und der Wind drückte sie immer wieder zur See. Die Segel und Fock gingen über Bord. Das Essen wurde immer weniger und fast kein Tropfen Wasser mehr zum trinken. Einen Tag weniger als vier Wochen trieb die Tjalk im Wasser, kam fast nicht voraus.
Na 32 Dagen up Seej kwamm dat naare Ende, as seej up de Hubertplate fast satten. Seej wassen verloren west, harrn de Börkumers hör neit Hülpe geven.
Nach 32 Tagen auf See kam das jämmerliche Ende, als sie auf der Hubertplate (Sandbank in der Ems westlich der Wilhelmshöhe-Borkum) fest saßen. Sie wären verloren gewesen, hätten die Borkumer ihnen keine Hilfe gegeben.
Un disse Börkumer Mannlü hebben d’r gein Puhee van makt, bloot de Vogt Tönjes Bley hett ein Breiv over disse Reddungsfahrt na dat Amt up de faste Walle stüürt, man de hooge Heeren wullen Tügen hebben.
Und diese Borkumer haben davon keinen Spektakel gemacht, nur der Vogt Tönjes Bley hat einen Brief über diese Rettungsfahrt an das Amt auf dem Festland geschickt, aber die hohen Herren wollten Zeugen haben.
So hebben dej dreej Mann van de „Jüffer Engelina“ vör dat Forum in Auerk vertellt, hau’t west is. Uk dej Bootsmann un Schipper Jan Janssen Staghouwer, dej vör Jahr un Dag Lotse west is, kunn van ein fraugere Reddungsfahrt vertellen.
So haben die drei Mann von der „Jungfrau Engelina“ vor dem Forum in Aurich erzählt, wie es gewesen ist. Auch der Bootsmann und Schiffer Jan Janssen Staghouwer, der vor langer Zeit Lotse gewesen ist, konnte von einer früheren Rettungsfahrt erzählen.
De Schrieven gungen noch menegmal hen un her, bit de Landdrostei in Auerk an de 27. August 1830 in de Name van de Könek van Hannover Dank see: Klaas van Dyk kreeg de sülvern Verdeinstmedaille, alle andern 15 Dalers Courant un hör Name kwamm in’t Amtsblatt un in de Oostfreisenzeitung.
Die Schreibereien gingen noch oft hin und her, bis die Landdrostei in Aurich am 27. August 1830 im Namen des Königs von Hannover Dank sagte. Klaas van Dyk bekam die silberne Verdienstmedaille, alle anderen 15 Taler Courant und ihr Name kam ins Amtsblatt und in die Ostfriesenzeitung.
Eerst 32 Jahr later is de Reddungsgesellschaft komen, man de Börkumers hebben all vörtied Hülpe geven.
Erst 32 Jahre später wurde die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gegründet, aber die Borkumer haben schon vorher Hilfe gegeben.
Dat kann elk un ein uk gaud nalesen in de Bauken „Untergang vor Borkum“, dej man in’t Heimatmuseum kopen kann.
Das kann jeder gut nachlesen in den Büchern „Untergang vor Borkum“, die man im Heimatmuseum kaufen kann.
Borkum Borkum
Woordverklaren: fieleineg - schrecklich; nett - gerade eben; elendeg - entsetzlich; Geknauje - schwerste Arbeit; mindermachdeg - kraftlos, schwach; naar - traurig, jämmerlich; besefflos - bewußtlos; Beleevsel - Erlebnis; Drüppke - Tropfen; haast - fast; faste Walle - Festland; stappt - laufen, stapfen; Tügen - Zeugen; menegmal - oft; Schuul (Skuul) - Schutz; Puhee - Spektakel, Aufregung;