Graffsteden sünder Namen
Novembermaand – stille Maand – Trüürdagen
Gräber ohne Namen
Novembermonat – stiller Monat – Trauertage
De Mensken gahn na’t Karkhoff, um de Graffsteden
in de Riege tau brengen, bevör de lange Winter
kummt. Man steiht vör de Graffsteine mit de Name,
de Levenstied un de Gedachten gahn taurügg.
Die Menschen gehen zum Friedhof, um die Gräber in
Ordnung zu bringen, bevor der lange Winter kommt.
Man steht vor den Grabsteinen mit dem Namen, der
Lebenszeit und die Gedanken gehen zurück.
Vööl Börkumer Mannlüü wassen frauger Fahrenslüü,
bin mit hör Schepen haast um de heile Wereld seilt.
Viele Borkumer Männer waren früher Fahrensleute,
sind mit ihren Schiffen fast um die ganze Welt
gesegelt.
Un de Frouen stunnen up de Dünen an de
Strandskante, vull Bangen un Hope, dat seej gesund
un flügg weer kwammen.
Und die Frauen standen auf den Dünen am Strand,
voller Bangen und mit der Hoffnung, dass sie
gesund und flügge wieder kommen.
Man dat gung neit alltied gaud. De Karkenbauken
van de reformeierde Gemeinde up Börkum is vull
van Namen, dej wiet weg overleden bin, dör Krankte
off dör ein Malöör: over Boord gahn, tau de Mast
utfallen.
Aber das ging nicht immer gut. Die Kirchenbücher
der reformierten Gemeinde auf Borkum sind voll mit
Namen, die weit weg gestorben sind, durch
Krankheit oder durch ein Unglück über Bord
gegangen, von dem Mast gefallen.
Na Weken un Maanden – sünder Naricht - ein
Loopfüür dör’t Dörp: Seej bin d’r weer! Dann stunn
menegmal ein holten Kiste boven an Deck. De Söhn,
de Vader – heej is d’r neit mehr. Man sien letzde
Rüst sall heej up’t Eiland finden, up Karkhoff bi de
veierkantege Toorn.
Nach Wochen und Monaten – ohne Nachricht –
(ging) ein Lauffeuer durch das Dorf. Sie sind wieder
da! Dann stand oft ein Holzkiste oben an Deck. Der
Sohn, der Vater – er ist nicht mehr. Aber seine
letzte Ruhe soll er auf dem Eiland finden, auf dem
Friedhof bei dem viereckigen Turm.
De Börkumers wussen bestgaud: dat Water sitt vull
Gefahren. Hau faak is dat gebört, dat an de Strand
ein Dode lagg, ein Drinkeldode. Dagen, Weeken harr
heej in’t Water legen, was haast neit mehr tau
kennen. Un de Glowe tau disse Tied hett verboden,
dat de Menske up de christleke Karkhoff tau liggen
kwamm.
Die Borkumer wussten sehr gut: das Wasser ist
voller Gefahren. Wie oft ist das passiert, dass am
Strand ein Toter lag, ein Ertrunkener. Tage, Wochen
hatte er im Wasser gelegen, war fast nicht mehr zu
erkennen. Und der Glaube in dieser Zeit hat
verboten, dass der Mensch auf dem christlichen
Friedhof beerdigt wurde (zum Liegen kam).
Man hett ein Stee funden, in de Dünen un neumt:
Drinkeldodenkarkhoff. Over de „Dodemannsdelle“
schrieven verskeiden Lüü, dat ein engels Schipp vör
Börkum undergahn is un haast 300 Mensken
verdrunken bin.
Man hat eine Stelle gefunden, in den Dünen und
genannt: „Friedhof der Ertrunkenen“. Über die
„Dodemannsdelle“ (Tal des toten Mannes) schreiben
verschiedene Leute, dass ein englisches Schiff vor
Borkum untergegangen ist und fast 300 Menschen
ertrunken sind.
Man gediegen, man kann kein Berichten in de
Archiven up’t Fastland daarover finden.
Aber merkwürdig, man kann keine Berichte in den
Archiven auf dem Festland darüber finden.
Harr dej Dode Geld bi sück, off ein golden Ring in’t
Ohr, kwamm heej in ein holten Kiste, dej andern
hett man in Stroh inwickelt.
Hatte der Tote Geld bei sich, oder einen goldenen
Ring im Ohr, kam er in eine hölzerne Kiste, die
anderen hat man in Stroh eingewickelt.
Siet 1859 hett man disse Mensken, dej andreven bin,
uk in’t Karkenbauk indragen un as de neeje Karkhoff
an de Diekstrate kwamm, funnen seej hier hör
letzde Rüst.
Seit 1859 hat man diese Menschen, die angetrieben
sind, auch in das Kirchenbuch eingetragen und als
der neue Friedhof an der Deichstraße kam, fanden
sie hier ihre letzte Ruhe.
Nüms kennt hör Name, keineeine weit, waarher
seej bin.
Keiner kennt ihren Namen, keiner weiß, woher sie
sind.
De Heimatverein up’t Eiland Börkum hett in de
Benaate ein Denkmal upstellt, tau Besinnen un
Inhollen:
Der Heimatverein auf dem Eiland Borkumer hat in
der Nähe ein Denkmal aufgestellt, zum Besinnen
und Einhalten:
Vergeet hör neit!
Vergesst sie nicht!