Wer nicht will deichen, der muss weichen
Unter diesem Motto stand und steht der ewige Kampf zwischen dem Menschen und dem Meer. Hieraus resultierend gab es immer schon diesbezüglich strenge Regeln und Gesetze mit drastischen Strafandrohungen.
Einen diesbezüglichen Eindruck ermöglicht die folgende Abschrift des Deichgesetzes für das Königreich Hannover aus dem Jahre 1864. Zwar galt dieses Gesetz für die Weser, doch kann es teilweise auch exemplarisch für die DEICH- UND SIEL-ORDNUNG FÜR OSTFRIESLAND vom 12. Juni 1853 verwendet werden. Interessant dürften hier auch die Pflichten der Anlieger sowie die angedrohten Strafen sein.
Abschrift:
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1. Abteilung. Nr. 5
Gesetz - Sammlung (7.) Deich= und Abwässerungs=Ordnung für die Grafschaften Hoya und Diepholz. Herrenhausen, den 22. Januar 1864 ________________________________________ Inhalts=Verzeichnis. I. Allgemeine Bestimmungen . . . . . . . . . . §§. 1. u. 2.
II. Deichordnung: …................... III. Abwässerungsordnung . . . . . . . . . . . §§. 68 - 78.
IV. Verwaltung des Deichwesens und der Abwässerungsangelegenheiten: …................... V. Schlußbestimmungen . . . . . . . . . . . . §§. 125 u. 126
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Georg der Fünfte
, von Gottes Gnaden König von Hannover, Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland, Herzog von Cumberland, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg … Wir erlassen hiermit unter verfassungsmäßiger Mitwirkung Unserer getreuen Hoya=Diepholzschen
Landschaft die folgende Deich= und Abwässerungsordnung für die Grafschaften Hoya und Diepholz: . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeine Bestimmungen § 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Deichlast. a. Umfang und Eintheilung. § 31. Die Deichlast begreift alle zur Anlegung, Unterhaltung und Sicherung der Deiche nebst Zubehörungen erforderlichen Leistungen, sowie die
Verwaltungskosten der Deichverbände. Die Deichlast zerfällt in ordentliche und außerordentliche. §. 32 Die ordentliche Deichlast befaßt alle Leistungen, welche nicht nach dem nächsten §. zur außerordentlichen gehören §. 33 Zu der außerordentlichen Deichlast soll gerechnet werden: - 21 -
3) die Verwandlung von Überfalldeichen in Winterdeiche (§. 17), sowie deren Unterhaltung, sofern eine anderweite Verpflichtung hierzu nicht
besteht oder bei der Herstellung für den einzelnen Verpflichteten das im §. 38 Absatz 2 erwähnte Maß überschreitet. Die Unterhaltung verbleibt auch in diesem Falle dem bisher Verpflichteten;
die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes etwa vorzunehmende Erhöhung oder Verstärkung der Deiche, sofern sie das bisher bestandene oder
vorgeschriebene Profil überschreitet; b. Ordentliche Deichlast. Die ordentliche Deichlast soll von den bisher Verpflichteten getragen werden. Die etwa bestehende Eintheilung des Deiches in Kabeln wird beibehalten, vorbehaltlich jedoch der Vereinbarung einer
Communiondeichung. §. 36. - 22 -
§.37. Den Maßstab der neuen Vertheilung ergiebt der Betrag der bisherigen ordentlichen Deichlast eines jeden Pflichtigen, welcher nötigenfalls durch
Abschätzung festzustellen ist. §. 38. Dieser Beitrag soll dem Kostenbetrage gleichkommen, welchen die Ausführung des oberen Theils des neuen Deiches in einem Drittheil der bis auf
das Maifeld zu berechnenden Höhe desselben, und zwar in der Länge des durchbrochenen Deiches erfordert. c. Außerordentliche Deichlast. - 23 - § 41. §. 42. §. 43. §. 44. - 24 - §.46. §. 47. d. Deichvertheidigung und Nothhülfe. Bestehende Verpflichtungen Anderer zu desfallsigen Leistungen werden durch diese Bestimmung nicht aufgehoben. §. 49. -
25 - §. 51. §. 52. §. 53. §. 54. - 26 - §. 56. §. 57. 5. Benutzung der Deiche. §. 59. §. 60. - 37 - §. 110. § 111. 6. Sicherung der Deichlasten. §. 113. §. 114. - 38 - §. 116. §. 117. 7. Enteignung zu Deichanlagen. §. 119. - 39 -
Die obrigkeitlichen Beamten haben jedoch Anspruch auf Erstattung von Copialien, und bei auswärtigen Terminen von Reisekosten und Diäten; §. 120. 8. Polizeistrafen in Bezug auf Deichanstalten. §. 122. §. 123. §. 124. ______________________________ *) §. 76. Wer seiner Pflicht zur Instandhaltung öffentlicher Wege, Straßen, Deiche Brücken, Schlagbäume und sonstiger Anlagen, zur
Instandhaltung und Aufräumung von Wasserzügen u. s. w. in der dafür feststehenden oder besonders vorgeschriebenen Zeit und Weise nicht nachkommt, fällt in Geldbuße bis zu zwei Thalern und, ist
Gefahr oder Schaden für Andere herbeigeführt, vorbehaltlich des Ersatzes, in Geldbuße bis zu fünfundzwanzig Thalern oder Gefängniß bis zu vierzehn Tagen. - 40 - §. 126. Gegeben Herrenhausen, den 22. Januar 1864. (L. S.) Georg Rex Herrenhausen, den 22. Januar 1864. Heinrichs,
für das Königreich
Hannover
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Jahrgang 1864.
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Inhalt.
Die Anlegung und Unterhaltung von Schutzwerken (§. 14) ist jedoch eine Obliegenheit der bisher oder in solge künftiger gesetzlicher Vorschriften dazu
Verpflichteten. Es bleibt indessen ein nöthigenfalls von der Deichaussicht zu bestimmender Kostenbeitrag des Deichverbandes für den Fall vorbehalten, daß die Uferlast des Deiches wegen vermehrt
ist, oder dem Verpflichteten zum erheblichen Bedrucke gereicht.
1) die Herstellung durchbrochener Deichstrecken nebst
Zubehörungen in den schaufreien Stand, mit Ausschluß jedoch der den Deichinhabern nach §. 38 vorab obliegenden Leistung;
2) die nach §. 17 etwa angeordnete Verlegung oder Verlängerung von
Deichstrecken, sowie die Bedeichung offener Strecken, imgleichen die Unterhaltung der dadurch entstandenen oder vergrößerten Deichstrecken;
5) die Unterhaltung herrenloser Deichkabeln;
6) der nach §. 31 etwa zu leistende Beitrag zur Anlegung und Unterhaltung von
Schutzwerken;
7) die Anlegung und Unterhaltung neuer Flügeldeiche und Kuverdeiche (§. 4 Nr. 3 und 4);
8) die Kosten der Verteidigung und Bewachung der Deiche nach näherer Bestimmung
im §. 49;
9) die mit den vorbenannten Leistungen verbundenen Nebenkosten (solgeeinrichtungen, Entschädigungen u.);
10) die den Deichverbänden nach den §§. 56, 57, 62 und 65
obliegenden Verpflichtungen; und
11) die Kosten für Verwaltung der Deichverbände.
Zweifel über die Anwendung dieser Bestimmungen sind von der zuständigen Verwaltungsbehörde zu
entscheiden, ohne daß jedoch bei Streitigkeiten über bestehende Verpflichtungen (s. oben Nr. 3) der Rechtsweg hierdurch ausgeschlossen wird.
§. 34
§. 35.
Wenn jedoch Deichkabeln so klein sind, daß die daran vorzunehmenden Arbeiten nach Entscheidung der Deichaufsicht nicht in tüchtiger Art ausgeführt werden können, so
sollen diese mit einer oder mehren der benachbarten Kabeln soweit zusammengelegt werden, daß der alsdann gemeinschaftlich zu unterhaltende Deichtheil mindestens Eine Ruthe Länge hält.
Die Grenzen der Deichkabeln sind nach Vorschrift der Deichaufsicht an der Deichkappe zu bezeichnen.
Die so bezeichnete Grenze
zwischen zwei Deichkabeln soll, wenn nicht ein Anderes feststeht, senkrecht auf die Richtung der Deichkappe (in Krümmungen senkrecht auf die Tangente der Kurve) über den Deich und die Berme gehen.
Entstehen Zweifel über diese Richtung, so ist bis nach erfolgter Festlegung der letzteren das streitige Stück von den Inhabern beider Kabeln
zu gleichen Theilen, mit Vorbehalt künftiger Ausgleichung, zu unterhalten.
Eine Umlegung (neue Eintheilung) aller Kabeln eines Deichverbandes oder einer Unterabtheilung (§. 41) oder der Deichinteressenten aus einer
Gemeinde, soweit deren Deichkabeln in einer Reihenfolge liegen, kann mit Genehmigung der Deichaufsicht dann eintreten, wenn diese Maßregel von der nach Kabellänge zu berechnenden Mehrheit der
betreffenden Kabelinhaber beschlossen wird.
Bei ungleichartigen Deichen (nach Lage, Abdachung. Beschaffenheit des Erdreichs) kann in diesem Falle eine Eintheilung der Kabeln nach Strecken
von der Deichaufsicht verfügt und den Pflichtigen in jeder Strecke eine Kabel zugetheilt werden, vorausgesetzt daß dadurch nicht mehre Kabeln weniger als eine Ruthe Länge bekommen.
Zur Bedeichung von Durchbrüchen soll von jedem Inhaber des durchbrochenen Deiches (Bracksmann) außer der ihm als Deichverbandsgenossen
obliegenden Leistung, ein Beitrag vorabgeleistet werden.
Die Deichaufsicht hat den Beitrag hiernach im einzelnen Falle festzustellen.
§. 39.
Für die außerordentliche Deichlast sollen für jetzt die nachfolgend benannten Deichverbände gebildet werden.
1) Der Hoyasche
Deichverband, für die Deiche von unweit Bücken bis zur Hannover= Braunschweigschen Landesgrenze unweit Asen.
2) Der Brinkumer Deichverband, für die Deiche von der
Hannover=Braunschweigschen Landesgrenze unweit Horstedt bis zur Hannover=Bremenschen Landesgrenze unterhalb Drene.
3) Der Stedorfer Deichverband, für die Deiche von Stedorf abwärts bis
Klein=Huttbergen, und von da aufwärts bis Stedebergen.
4) Der Westener Verband, für die Deiche von Westen bis zum s. g. Verdener=Felde.
§.40.
Eine Veränderung (Theilung, Zusammenlegung oder Ausdehnung) dieser Verbände kann von der zuständigen Verwaltungsbehörde verfügt werden, wenn
durch Naturereignisse oder sonstige Veränderungen die Deichschutzverhältnisse sich wesentlich umgestalten. Auch kann bei neuen Eindeichungen für die neuen Deiche und die davon geschützten Flächen
ein Deichverband angeordnet werden.
Bei der Theilung eines, oder der Zusammenlegung mehrer Deichverbände, ist aus dem abgetrennten Verbandstheile, bezw. aus den zusammengelegten Verbänden
ein neuer Verband zu bilden.
Eine Zusammenlegung mehrer Verbände kann auch von den betheiligten Verbänden mit Genehmigung der zuständigen Verwaltungsbehörde beschlossen werden.
Innerhalb eines Deichverbandes können nach Beschluß des Verbandes und nach Anhörung der Betheiligten mit Genehmigung der zuständigen
Verwaltungsbehörde Abtheilungen für besondere Deichstrecken gebildet werden, welche nach Maßgabe des Verbandsbeschlusses und der hinzutretenden Genehmigung gewisse Theile der außerordentlichen
Deichlast zu tragen haben.
Die außerordentliche Deichlast soll in jedem Deichverbande in Communion getragen werden, und zwar von allen im Deichschutze belegenen, zu
der Grundsteuer pflichtigen, Grundstücken binnendeichs.
Zu den Kosten einer nothwendigen Deichverlegung (§. 17) sollen jedoch die aufzudeichenden Grundstücke ohne Einwilligung der Inhaber
nicht herangezogen werden.
Die Ausdehnung der hiernach pflichtigen Grundstücke soll für jeden Verband, unter Berücksichtigung sowohl der bisher vorgekommenen
Überschwemmungen, wie auch der mittleren eisfreien Hochwasserstände und des Stromgefälles, durch eine Commission ermittelt, und von der zuständigen Verwaltungsbehörde, nöthigenfalls durch
Entscheidung, unter Ausschluß des Rechtsweges festgestellt werden.
Der im Übrigen von der zuständigen Verwaltungsbehörde zu bildenden Commission sollen in jedem Verbände einige, mindestens
zwei, ortskundige Personen aus der Mitte der Betheiligten oder der durch dieses Gesetz (§. 94) zugelassenen Vertreter derselben beigeordnet werden, welche auf Vorschlag der Deichaufsicht von der
zuständigen Verwaltungsbehörde auszuwählen sind.
Wenn und so lange der Deichschutz in einem Verbande, sei es wegen vorhandener Überfälle oder wegen mangelnden Deichschlusses, nicht
vollständig ist, so sollen diejenigen Grundstücke, deren Cultur durch Überfall= oder Stauwasser behindert ist, nach dem Maße der Behinderung von der außerordentlichen Deichlast befreit
werden.
Die desfallsige Ermittlung und Feststellung erfolgt auf dem in dem vorigen §. bestimmten Wege.
§.
45.
Der Beitragsfuß für die Pflichtigen Grundstücke soll sich, vorbehältlich der nach dem vorigen §. etwa eintretenden Ermäßigung des
Einzelbeitrages, nach dem Betrage des Grundsteuercapitals (ohne Absatz der Wasserbaukosten) bis dahin richten, daß ein anderer Fuß durch Beschluß des Deichverbandes mit Genehmigung der
zuständigen Verwaltungsbehörde eingeführt oder, wo der Grundsteuerfuß als unzureichend erscheint, von dieser nach Anhörung des Deichverbandes angeordnet sein wird.
Alle bisherigen, durch dieses Gesetz nicht aufrecht erhaltenen, Verpflichtungen zur Tragung der außerordentlichen Deichlast werden ohne
Entschädigung damit aufgehoben.
Privatrechtlich begründete derartige Verpflichtungen bleiben in Kraft, dergestalt jedoch, daß der Deichpolizei gegenüber der nach diesem Gesetze
verpflichtete Verband oder die Unterabtheilung haftet, und nur auf Grund des Privatrechts Regreß nehmen kann.
Die Verpflichtung der Deichverbände zur Tragung der vorbestimmten außerordentlichen Deichlast beginnt mit der im §. 107 bestimmten Auslegung
der ersten Beitragsverzeichnisse.
Für Grundstücke, welche noch nicht zur Grundsteuer veranlagt sind, tritt die Beitragspflicht mit der Steuerzahlung ein.
§. 48.
Die Sicherung des Deiches gegen Beschädigung durch Strömung, Eisgang und Wellenschlag bei hohen Wasserständen liegt jedem Deichinhaber für
seinen Deich ob, und hat derselbe das Material dazu zeitig herbeizuschaffen und bereit zu halten.
Die Bewachung der Deiche bei Eisgang und Hochwasser, die Stellung der Deichwachen, Haltung der Wachräume und der Materialiengebäude,
Lieferung der nöthigen Materialien und Geräthschaften u. soll den dazu Verpflichteten in dem bisherigen Maße ferner obliegen.
In den Fällen, wo die Bewachung als unzureichend, oder eine
Erweiterung der Schutzmaßregeln (Zulegung von gemeinschaftlichen Vorräthen und Vorrathsräumen, Anschaffung von Geräthschaften u.) als nothwendig erkannt wird, kann die Deichaufsicht das
Erforderliche auf Kosten des Deichverbandes anordnen.
§. 50.
Nach den vorstehenden Bestimmungen sollen die Obliegenheiten hinsichtlich der Deichbewachung und Deichvertheidigung in jedem Verbande im
Einzelnen näher bestimmt werden.
Auch kann die Deichaufsicht das Verfahren bei der Deichbewachung und Deichvertheidigung durch besondere Vorschriften ordnen.
Nothhülfe ist zu leisten, wenn ein Deichbruch drohet oder eingetreten ist, oder wenn sich andere Umstände zutragen, welche das Binnenland
der Gefahr der Überschwemmung durch Flußwasser aussetzen (außerordentliche Hochfluthen, Eisstopfungen u.)
Zu deren Leistung sind, vorbehältlich der Bestimmung des §. 48, schuldig:
1) zunächst die Deichpflichtigen und dann alle
arbeitsfähigen männlichen Bewohner der Gemeinde, in welcher der gefährdete oder gebrochene Deich liegt; wenn aber deren Kräfte nicht genügen
2) die Deichpflichtigen und dann alle
arbeitsfähigen männlichen Bewohner der angrenzenden Gemeinden, nötigenfalls des ganzen Deichverbandes, außer insoweit ihre Kräfte durch Notharbeiten an ihren eigenen oder ihnen näher belegenen
Deichstrecken in Anspruch genommen sind;
3) die Bewohner der sonstigen Umgegend.
Die zur Leistung der Nothhülfe zunächst Verpflichteten (§. 52, 1) haben sich, sobald sie von der Gefahr Nachricht bekommen, die übrigen
Verpflichteten (§. 52, 2 und 3) aber sobald Sie von der Obrigkeit, einem Wasserbaubeamten oder Deichgeschworenen u. aufgefordert werden, unverzüglich an die Stelle der Gefahr zu
begeben.
Dabei müssen sie alle ihnen zu Gebote stehenden Arbeitskräfte, Geräthschaften und Fahrzeuge für die Notharbeit zur Verfügung stellen.
Der Zweck der Nothhülfe ist, den Deich zu erhalten oder, wenn dieses nicht zu erreichen gewesen ist, die entstandene Öffnung wieder zu
verschließen, so schleunig und soweit dieses während des Gefahrstandes geschehen kann.
Falls es an Arbeitskräften gegen angemessene Bezahlung mangelt, so kann die Deichaufsicht verfügen,
daß die Hülfe fortgesetzt werde:
1) bis entweder der gebrochene Deich bis zu einer das Sommerhochwasser abhaltenden Höhe wieder geschlossen oder der Deichbruch durch einen Nothdeich von
dieser Höhe und hinlänglicher Stärke abgefangen ist; oder selbst
2) bis daß zur zeitigen und wehrbaren Instandsetzung der Deiche das Nöthige geschehen ist. Kann die Nothhülfe nicht auf
einmal eingestellt werden, so sind die dazu Aufgebotenen in umgekehrter Reihefolge, wie die Aufforderung nach §. 52 geschehen muß, davon zu entlasten.
§.
55.
Auf Anordnung der Deichaufsicht oder der mit örtlicher Leitung und Beaufsichtigung der Deichvertheidigung beauftragten Personen dürfen im
Falle der Gefahr alle zur Abwendung oder Beschränkung derselben nöthigen und brauchbaren Gegenstände überall, wo sie am leichtesten zu bekommen sind, genommen werden.
Bei eingetretenem Deichbruche kann zur Erniedrigung der Binnenüberschwemmung und Erhaltung der unteren Deichstrecken die Durchstechung des
Deiches an geeigneter Stelle von der Deichaufsicht angeordnet werden. In solchem Falle hat der Deichverband den durchstochenen Deich allein wieder herzustellen und für den sonst entstandenen
Nachtheil (Auskolkung, Versandung u.) Entschädigung zu leisten.
Für die nach den Bestimmungen sub Nr. 1 und 2 im §. 54 fortgesetzte Hülfe, wie für die in Nothfällen nach §. 55 gelieferten oder genommenen
Materialien soll vom Deichverbande Vergütung geleistet, von diesem aber außerdem den nicht ansässigen Lohnarbeitern jede Art der Hülfe bezahlt werden.
Im Übrigen findet eine Vergütung für
Nothhülfe nicht statt.
In Streitfällen soll über die Pflicht und den Betrag der nach obigen Bestimmungen eintretenden Vergütung für Nothhülfe, sowie der nach §. 56 zu leistenden
Entschädigung, ausschließlich im Verwaltungswege entschieden werden.
§. 58.
Jede dem Zwecke eines Deiches und seiner Zubehörungen widerstreitende oder die Erhaltung und Sicherung desselben benachtheiligende oder
dessen Unterhaltung erschwerende Benutzung kann von der Deichaufsicht verboten werden.
Auch erlaubte Benutzungsarten können erforderlichen Falls zeitweise beschränkt werden.
Verboten ist namentlich für die Deiche nebst Zubehör (§. 4):
1) Die Benutzung zum Acker= oder Gartenbau, insofern dieselbe nicht,
nach dem Ermessen der Deichaufsicht, bei geschützt belegenen Deichen mit hinreichender Höhe und flacher Binnendossirung an dieser und der Binnenberme ohne Nachtheil geschehen kann.
2) Das Anziehen von Bäumen und Gesträuchen, außer Weidenbusch, am Fluß= oder Brackufer, sowie aus den Schutzwerken.
Ausnahmen von
dieser Bestimmung können von der Deichaufsicht gestattet werden.
…....................................................................................
…....................................................................................
§.
109.
Bis zur Erledigung der Reclamation sind die Beiträge unter Vorbehalt demnächstiger Ausgleichung einstweilen nach Anleitung der aufgestellten
Verzeichnisse zu entrichten.
Die Kosten der Reklamation sind von dem Beitragspflichtigen nur dann zu tragen, wenn sie von ihm erhoben und als unbegründet verworfen
ist.
Änderungen in der Person der Pflichtigen oder im Eigenthum der belasteten Grundstücke sind von dem neuen Erwerber bei Vermeidung
angemessener Ordnungsstrafe den mit der Führung der Rollen und Verzeichnisse zu beauftragenden Personen binnen sechs Monaten anzuzeigen.
Bis zu jener Anzeige kann neben dem neuen der
ältere in der Rolle oder in dem Verzeichnisse aufgeführte Pflichtige zur Tragung der Deichlast angehalten werden.
§. 112.
Die Deichlast, soweit sie auf Grundbesitz ruht, kann durch Verjährung oder Verfügungen der Betheiligten weder demselben abgenommen, noch auf
ein anderes Grundstück übertragen werden. Verfügungen, welche dies bezwecken, sind nichtig.
Hinsichtlich der ordentlichen Deichlast kann die Übertragung auf ein anderes Grundstück unter
Zustimmung des Deichverbandes von der Deichaussicht gestattet werden. Die Theilung dieser Last bei Theilung des Pflichtigen Grundstücks ist nur unter Genehmigung der Deichaufsicht erlaubt.
Deichpflichtige, welche außerhalb des betreffenden obrigkeitlichen Bezirks oder Deichverbandes oder einer Abtheilung desselben (§. 41)
wohnen, müssen, soweit nicht die Deichaufsicht eine Ausnahme gestattet, zur Leistung der Last innerhalb des in Frage stehenden Districts einen gehörig befähigten Bevollmächtigten
bestellen.
Ist die Bestellung unterblieben oder der bestellte Bevollmächtigte mit den nöthigen Mitteln zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten nicht versehen, so haftet der jedesmalige
Inhaber des Pflichtigen Grundstücks für die Tragung der Last.
Deichgeschworene dürfen zu Bevollmächtigten nicht bestellt werden.
Auf Leistung der zur Zeit der Veräußerung eines pflichtigen Grundstücks rückständigen Lasten kann sowohl der Veräußerer, als der neue
Erwerber in Anspruch genommen werden; letzterer jedoch nur rücksichtlich der in den beiden letzten Jahren vor der Erwerbung ausgeschriebenen Beiträge.
§
115.
Rückständige Beiträge zur Deichlast sollen auf Grund der vom Erheber aufgestellten Restantenliste im Verwaltungswege beigetrieben
werden.
Auf dieselbe Weise sind die Kosten von den Pflichtigen beizutreiben, welche bei versäumter Leistung von Arbeiten oder Lieferungen durch deren Beschaffung mittelst Ausverdingung
entstanden sind.
Den Deichlasten sollen im Concurse dieselben Vorrechte wie der Grundsteuer zustehen.
Forderungen für Arbeiten und Materialien, welche
für Dritte zur Erfüllung ihrer Deichpflicht geleistet und verwandt sind, genießen das Vorrecht des Liedlohns innerhalb der dafür bestehenden Zeitbeschränkungen.
Materialien und Gerätschaften, welche zum Deichbau bestimmt sind, sollen zum Gegenstande der Hülfsvollstreckung nur in Ermangelung anderer
Gegenstände, jedoch nie während des Gebrauch, zu den Deicharbeiten, genommen werden.
§. 118.
Die Abtretung, Belastung und vorübergehende Benutzung von Grundeigentum oder anderen Rechten zu Deichzwecken darf nicht verweigert
werden.
Es ist dafür Entschädigung zu leisten, soweit nicht ein Anspruch darauf durch dieses Gesetz ausgeschlossen ist.
Es gilt dabei das
Gesetz vom 16. September 1846 über die Veräußerungspflicht behuf Anlage von Schifffahrtscanälen u., jedoch mit folgenden Abänderungen:
1) Der §. 4 des Gesetzes kommt hier nicht zur
Anwendung.
2) Wo in demselben die Bauverwaltung benannt ist, treten hier die Entschädigungspflichtigen ein.
3) Über die Zuständigkeiten der Behörden zur Entscheidung der in den §§.
7, 8 und 16 des Gesetzes vom 16. September 1846 gedachten Fragen wird Weiteres durch Ausführungsvorschrift angeordnet werden.
4) Das nach §. 36 desselben stattfindende Anmeldungsverfahren
ist nur auf Antrag der Entschädigungspflichtigen einzuleiten.
5) Statt der Bestimmung im §. 43 des Gesetzes kommen hier folgende Vorschriften zur Anwendung:
a. das Verfahren vor den Obrigkeiten und höheren Verwaltungsbehörden ist gebührenfrei.
b. die Gebühren der Verwaltungs = Unterbedienten richten sich nach der Gebührentaxe
in Verwaltungssachen ;
c. die Vergütungen der Sachverständigen oder Zeugen, sowie die Schadloshaltung der Entschädigungsberechtigten für ihre Gegenwart bei den Verhandlungen sind nach den
für das bürgerliche Proceßverfahren geltenden Grundsätzen festzustellen.
In Ermangelung besonderer, durch das vorliegende Gesetz getroffener Bestimmung wird in den auf besonderem Rechtstitel beruhenden
Verpflichtungen zur unentgeltlichen Abtretung, Belastung oder Benutzung von Grundeigentum u. nichts geändert.
§ 121.
Wer ohne zureichenden Entschuldigungsgrund der Verpflichtung zur Leistung der Nothhülfe (§. 53) nicht nachkommt, oder die Notharbeit vor
erhaltener Erlaubniß verläßt, soll Geldbuße bis zu funfzig Thalern oder Gefängniß bis zu vier Wochen erleiden.
Unbefugte oder verbotswidrige Benutzung der Deiche, sowie ihrer Zubehörungen, zieht eine Geldbuße bis zu zehn Thalern oder Gefängnißstrafe
bis zu acht Tagen nach sich.
Im Übrigen finden die Bestimmungen des Polizeistrafgesetzes vom 25. Mai 1847 Anwendung. Der §. 76 *) dieses Gesetzes soll auch für
Versäumnisse der Pflicht zur Deichvertheidigung gelten.
Die Strafen für die einzelnen Arten von Vergehen können innerhalb des gesetzlichen Maßes auf bestimmte Strafsätze vom Ministerium des Innern
festgestellt werden.
V.
Schlußbestimmungen
§. 125.
Alle diesem Gesetze zuwiderlaufenden Bestimmungen und Gewohnheiten werden damit aufgehoben.
Unser Ministerium des Innern hat die behuf Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen zu treffen.
Frhr. v.
Hammerstein. Lichtenberg.
Daß Seine Majestät der König vorstehende Deich= und Abwässerungs=Ordnung, nach erfolgtem Vortrage ihres Inhalts, in meiner Gegenwart
Allerhöchsteigenhändig unterschrieben haben, bezeuge ich hierdurch.
Generalsecretair des Königlichen Ministeriums des
Inneren.
WELL NEI WILL DIEKEN,
DE MUT
WIEKEN
WELL NEI WILL DIEKEN,
DE MUT
WIEKEN
WELL NEI WILL DIEKEN,
DE MUT WIEKEN
Ebene 3
Ebene 3