Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 T O P T O P
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Der folgende plattdeutsche Beitrag erzählt vom Weihnachtsfest unter dem besonderen Aspekt der Sauberkeit.
Wiehnachten bi Oma Ida Wiehnachten bi Oma Ida
Wiehnachten bi Oma Ida
Weihnachten bei Oma Ida
Hör Kindskinder seen van Oma Ida, ander Lü hebben Tante tegen hör seggt un van enkelte Mensken hörde man noch dat Woord Idamöike. Seej was Wedefrou, harr dreej Kinder, tweej Junges un ein Wicht. Hör Dochder was neit trout, man van de Junges harr seej veier Grootkinder. Seej wohnde in ein groot Huus un hier wull seej uk blieven, so lang, „ bit seej mi mit de Beinen vörut tau de Vördör drut dragen!“ Dat wassen hör Woorden.
Ihre Enkelkinder sagten (von) Oma Ida, andere Leute sagten Tante zu ihr und von einzelnen Menschen hörte man noch das Wort Idatante (sehr alter Ausdruck, immer in Verbindung mit dem Vornamen). Sie war Witwe, hatte drei Kinder, zwei Jungs und ein Mädchen. Ihre Tochter war nicht verheiratet, aber von den Jungs hatte sie vier Enkelkinder. Sie wohnte in einem großen Haus und hier wollte sie auch bleiben, so lange „bis sie mich mit den Beinen voraus aus der Vordertür raus tragen!“ Das waren ihre Worte.
Seej kunn heil leiv wesen un heil völ Kwaads satt d’r neit achter. Man seej harr ein Art, waar seej ander Lü mit vör de Kopp stöten kunn: seej was allmachdeg skoon. De Huulbessen was alltied in de Gang, Feil un Leerlappe harr seej futt bi Hand, Stoffdauk un Sköddeldauk wassen in de Benaate. „Un mit Water kleien, dat kann se“, harr hör Mann alltied seggt. Fievdeg Emmer Water sleepde seej in Vörjahrdag tau de Skummeltied na boven, up Böhn, waar noit ein Menske hen kwamm. De Steinen in de Achterköken mussen skrubbt waarden, bit seej an glimmen wassen. Dat Paddje achtert Huus was alle veier Weeke dran un - dat was dat Hoogste - de Peeren- un Appelbooms harr seej uk bi de Kopp.
Sie konnte sehr lieb sein und sehr viel Böses saß nicht dahinter. Aber sie hatte eine Art, mit der sie andere Leute mit vor dem Kopf stoßen konnte: sie war gewaltig (furchtbar) sauber. Der Staubsauger lief immer (war immer im Gang), Scheuerlappen und Lederlappen hatte sie immer griffbereit (sofort bei der Hand), Stofftuch und Abwaschlappen waren in der Nähe. „Und mit Wasser panschen, das kann sie“, hatte ihr Mann immer gesagt. Fünfzig Eimer Wasser schleppte sie im Frühjahr zur Putzzeit nach oben, auf den Boden, wo nie ein Mensch hinkam. Die Steine in der hinteren Küche mussten geschrubbt werden, bis sie glitzerten. Der kleine Weg hinter dem Haus war alle vier Wochen dran und - das war das Höchste - die Birnen- und Apfelbäume hatte sie auch beim Wickel (beim Kopf).
Kwamm d’r Beseuk binnen, keek seej alltied na de Fauten, off de Lü gein Mudder an de Hacken harrn un bi de Kleintjes satt Ida futt mit Sköddeldauk an de Gang – over de Handen un dann in’t Gesicht. Ida was skoon, man kunn van de Deele eten. Man seej was uk alltied unrüsteg un bloot an fittjen.
Kam Besuch (nach innen), sah sie immer zu den Füßen, ob die Leute keinen Matsch an den Hacken hatten und bei den Kleinkindern war Ida gleich mit dem Abwaschlappen zugange - über die Hände und dann ins Gesicht. Ida war sauber, man konnte vom Fußboden essen. Aber sie war auch immer unruhig und nur am putzen.
Nu kwamm Wienachten un hör Kinder seen: Wi komen bi di, dann musst du nei noch in Düstern na Huus. Du hest uk ja ein grote Vörkamer, daar hebben wi all mitnander Bott. Eten un Drinken nehmen wi mit un uk ein grote Danneboom. Dat waart wiss heil moij. Ida skoot de Klör ut: „Mien Vorkamer? Daar sitt ik ja noit. Bin alltied bloot in de Köken. Tiss uk völst tau kold in de grote Kamer! Daar mutt ik uk erst hemmeln! Daar waart nix van!“
Nun kam Weihnachten und ihre Kinder sagten: Wir kommen zu dir, dann musst du nicht im Dunkeln nach Hause. Du hast ja ein großes Wohnzimmer (vorderes Zimmer), da haben wir alle zusammen Platz. Essen und Trinken nehmen wir mit und auch einen großen Tannenbaum. Das wird bestimmt ganz schön. Ida bekam Farbe im Gesicht (wörtlich: schoss die Farbe aus): „Mein Wohnzimmer? Da sitze ich ja nie. Bin nur immer in der Küche. Ist ja auch viel zu kalt in dem großen Zimmer! Da muss ich erst putzen! Da wird nichts von!“
Ida kunn proten as man wat, hör Kinder bleven Baas: „Wi daun dat Wark! Bliev du moij dadelk in de Köken sitten bi ein Koppke Tee.“ Hör beide Junges mit de Swegerdochters, hör eigen Dochder van de faste Walle un de Kindskinder: Wildemannsbaul in hör eigen Huus! Stillkes gnees Ida binnenmunds: Laat Wiehnachten gau vörbi wesen!
Ida konnte sprechen wie nur was, ihre Kinder blieben standhaft (Baas - Chef, Oberhaupt):“Wir machen die Arbeit! Bleib du schön gemütlich in der Küche sitzen bei einer Tasse Tee“. Ihre beiden Jungs mit den Schwiegertöchtern, ihre eigene Tochter vom Festland und die Enkelkinder: Riesendurcheinander (Chaos) in ihrem eigenen Haus! Still murmelte Ida (gniesen - die Zähne fletschen, knirschen /binnenmunds - im Mund): Lass Weihnachten schnell vorbei sein!
u kwamm de Heilige Avend. Wat moij, seen de Kinder. Kiekes, de Lüttjen an’t spölen! Un de moje Wiehnachtsboom! Eten un Drinken wall lecker. Heerlek! Ida see nix.
Nun kam der Heilige Abend. Wie schön, sagten die Kinder. Guck, die Kleinen am spielen. Und der schöne Weihnachtsbaum! Essen und Trinken sehr lecker. Herrlich! Ida sagte nichts.
De Kinderkes wassen gau möij un Ida was uk an’t gaapen. Tiss ja laat in de Tied. Nu gahn wi ankerup. Moij was dat bi di, Mauder!
Die Kinder waren schnell müde und Ida gähnte. Es ist ja spät in der Zeit. Nun gehen wir los (Anker auf). Schön war es bei dir, Mutter!
De Lü wassen haast noch neit tau de Dör ut, daar fung Ida an tau uprümen. „Wat sall dat nu dann, Mauder?“ fragde de Dochder, dej alläne over bleven was. „Ik will hier skoon Lei maken, anders koom ik neit in de Slaap. “ was Ida an’t franten. „Weg mit de Kugels un dat Lamettabaultje van de Wiehnachtsboom. Mörgen smitt dat Dingereis de Nadels off un ik sitt d’r mit!“
Die Leute waren noch nicht ganz aus der Tür raus, da fing Ida an aufzuräumen. „Was soll das jetzt, Mutter?“ fragte die Tochter, die alleine übrig geblieben war. „Ich will hier alles sauber haben, sonst komme ich nicht in den Schlaf“ (Lei ist ursprünglich eine Schiefertafel) mäkelte Ida. „Weg mit den Kugeln und dem Lamettazeug von dem Weihnachts- baum. Morgen wirft das Ding die Nadeln ab und ich sitze damit!“
Dat dürde ein kaart Settje un de Wiehnachtsboom stunn nakend un kahl in de Kamer. Keersen, Kugels un all dat ander moje Biwark wassen süwer in Kartons packt. Dat Fenster kwamm open, Ida smeet de Boom mit ein hoge Boge drut, Huulbessen d’r her, all was weer skoon un best up Stee. Ida was taufreede. Wiehnachten was vörbi.
Das dauerte nur eine kurze Zeit und der Weihnachtsbaum stand nackend und kahl im Zimmer. Kerzen, Kugeln und das andere schöne Beiwerk waren sauber in Kartons verpackt. Das Fenster kam auf, Ida warf den Baum mit einem hohen Bogen raus, Staubsauger her, alles war wieder sauber und bestens in Ordnung. Ida war zufrieden. Weihnachten war vorbei.
Moje Karsttied, ein freeleke Overgang in ein gesund neej Jahr.
Schöne Weihnachten, (alter Ausdruck - Christzeit), ein friedlicher Übergang in ein gesundes neues Jahr.
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
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