Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 T O P T O P
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Der folgende plattdeutsche Beitrag vom Traum eines Insulaners könnte als Anlass genommen werden, doch noch einmal ernsthaft über die politischen Gepflogenheiten der Politiker nachzudenken.
- De Dröm - - De Dröm -
De Dröm
Der Traum
Anderlessens kunn ik de Slaap neit finnen. Erst tegen de Mörgen fullen mi de Ogen dicht. Miteins sagg ik ein lüttjet Dörp midden in’t Water . Stück off wat Burenhusen, ein paar Fiskerlü, neit völ Mensken harrn hier hör Blievde. Wat Nahbersplichten bin, wussen seej bestgaud, denn in Bliedskupp un in grote Trür mutt up ein gaude Nahberskupp Verlaat wesen. Elk harr plenty Wark up sien Plaatze, man alltied kwammen de Lü binander, um de Diek tau verhoogen un de Sloot skoon tau maken. Dat neumde man Meentewark un geineine dors achterut blieven.
Neulich konnte ich den Schlaf nicht finden. Erst gegen Morgen fielen mir die Augen zu. Plötzlich sah ich ein kleines Dorf mitten im Wasser. Einige Bauernhäuser, einige Fischer, nicht viele Menschen hatten hier ihre Bleibe. Was Nachbarspflichten sind, wussten sie sehr gut, denn bei Freude und in großer Trauer muss auf eine gute Nachbarschaft Verlass sein. Jeder hatte sehr viel Arbeit auf seinem Platz (Hof), aber immer kamen die Leute zusammen, um den Deich zu erhöhen und den Schlot (Graben) sauber zu machen. Das nannte man Gemeinschaftsarbeit und keiner durfte zurückstehen.
Mit de Jahren waarde dat Dörp groter un all mehr Mensken harrn hier hör Hunk. Bi elke lüttje Gedau de heile Lü binander haalen, dat was lasteg. So sull ein Mannskupp d’r her, dej för ein kaart Settje regeiern sull. Dej gaud mitnander kunnen, harrn de glieke Klör, haast nettekraat as hör Paschepanten up de faste Walle. Seej hebben vertellt, wat anners waarden mutt, wat beter sall un hau man de Groskens binander kriggt. Un seej nammen de Mund neit tau vull. Well ein ander Meinen harr, kunn dat freej seggen, man trappte sück neit tegensiedeg in’t Underliev. Bloot de Wirtsmann in de Kraug wull in sien Rümten gein Ruusje hebben. Daar hung ein groot Sprökje an de Wand: Suup di vull un freet di dick, man holl de Beck van Politik.
Mit den Jahren wurde das Dorf größer und immer mehr Menschen hatten hier ihre Bleibe. Bei jedem kleinen Getue alle Leute zusammen holen, das war lästig. So sollte eine Mannschaft her, die für eine kurze Zeit regieren sollte. Die gut miteinander konnten, hatten die gleiche Farbe, fast genau so wie ihre Begleiter (Teilhaber) auf dem Festland. Sie haben erzählt, was anders werden muss, was besser (werden) soll und wie man die Groschen zusammen bekommt. Und sie nahmen den Mund nicht zu voll. Wer eine andere Meinung hatte, konnte das frei sagen, man trat sich nicht gegenseitig in den Unterleib. Nur der Wirtsmann in der Kneipe wollte in seinen Räumen keinen Ärger (Streit, Zank) haben. Dort hing ein großer Spruch an der Wand: Sauf dich voll und friss dich dick, aber halt den Schnabel über Politik.
Un de Lü ut Dörp gungen hen tau kören. Well de meiste Krüzkes kreeg, sull Stürmann wesen un dej neit so völ harr, was neit futt up de Tipp treden. Un dann harrn seej ein Mannskup binander, dej tausamen in ein Boot satten. As dat Skip in’t Water sull, satten seej all an Land un hebben de Kurs fastleggt. Dej later up hoge Seej tegen’t Haar was un mit de Rügge tau de andern satt, kunn man gau bedüden, dat man so neit vörut kummt un minn Fahrt upnehmen kann. All mitnander tillten de Fingers umhoog: Hör Daun un Laten sull alltied dat Beste för dat Dörp wesen.
Und die Leute aus dem Dorf gingen hin zu wählen. Wer die meisten Kreuze bekam, sollte Steuermann sein und der nicht so viel hatte, war nicht gleich beleidigt. Und dann hatten sie eine Mannschaft zusammen, die miteinander in einem Boot saßen. Als das Schiff ins Wasser sollte, saßen sie alle an Land und haben den Kurs festgelegt. Die später auf hoher See dagegen waren (wörtlich: gegen dem Haar) und mit dem Rücken zu den anderen saßen, konnte man schnell bedeuten, dass man so nicht voraus kommt und wenig Fahrt aufnehmen kann. Alle zusammen hoben die Finger hoch: Ihr Tun und Lassen sollte immer das Beste für das Dorf sein.
Miteins begünnde de Wecker tau bimmeln.De Dröm was vörbi. Dat Radio gung an. T’was Wahlkampf. Eine van de Proters bölkde knapphandeg:
Plötzlich begann der Wecker zu bimmeln. Der Traum war vorbei. Das Radio ging an. Es war Wahlkampf. Einer der Sprecher brüllte kurzerhand:
Hoch wi! Schiet up de annern!
Hoch wir! Dreck auf die anderen!
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
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