Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 T O P T O P
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Im folgenden plattdeutsche Beitrag geht es rund um das Thema “Pferde auf Borkum”.
Peerden Peerden
Peerden
Pferde
De Name was meisttied Hans, Max un Liese un haast alle Buren harrn ein off tweej up de Stalle stahn: de Peerden. Vandage sücht man bloot noch Rietpeerden, man frauger was dat Wark up ein Burenplaatze ein Dodmaken sünder Peerd.
Der Name war meistens Hans, Max und Liese und fast alle Bauern hatten ein oder zwei in (hier: auf) dem Stall stehen: die Pferde. Heute sieht man nur noch Reitpferde, aber früher war die Arbeit auf einem Bauernhof (hier: Bauernplatz) ein totmachen ohne Pferd.
T’gaff Oldenbörgers, Belgiers, Krummhörners, Rheiderlanders, Bagbanders, engels un noorske Peerden. De freiske Hengst was groot, krachdeg un de Grafen van Oostfreisland harrn alltied ein begehrlek Präsentje. So stürde Graf Enno III. 1608 an de Könek Jakob I van England veier Peerden un Graf Enno Ludwig wull 1658 um gaud Weer bedeln bi de Kaiser Leopold I., as heej hum Stück off wat Peerden gaff. Seker, dat wassen fiene Rietpeerden, dej kunn man neit för de Ledderwagen off Kreitwagen lopen laten. Uk de Börkumer Walfanger Jan Roelofs Visser kreeg van sien Reeder ein Rietpeerd, umdat heej ein dicke Fang harr un Skip un Ladung seker na Huus brocht hett.
Es gab Oldenburger, Belgier, Krummhörner, Rheiderländer, Bagbander, englische und nordische Pferde. Der friesische Hengst war groß, kräftig und die Grafen von Ostfriesland hatten immer ein begehrenswertes Präsent. So schickte Graf Enno III. 1608 an den König Jakob I. von England vier Pferde und Graf Enno Ludwig wollte 1658 um gutes Wetter betteln bei dem Kaiser Leopold I., als er ihm einige (hier wörtlich: Stück oder was) Pferde gab. Sicher, das waren feine Reitpferde, die konnte man nicht vor dem Leiterwagen (Anm. Pferdewagen mit leiterartigen Seitenteilen) oder Heuwagen (Anm.: Kreite - Seitengestell am Heuwagen) laufen lassen. Auch der Borkumer Walfänger Jan Roelofs Visser bekam von seinem Reeder ein Reitpferd, weil er ein guten (hier: dicken) Fang hatte und Schiff und Ladung sicher nach Hause gebracht hatte.
Man is dat all so lang her, dat up Börkum de Kleinbahn mit de Rullwagen kwamm, um all dej Rewe na de Winkels tau brengen? Un de Nüstewagen mit de Hunzeröhren d’r boven drup, well kennt dej noch? Un de Dodewagen mit de pickswarte Peerden d’r vör, dej bi Dahlmeyer um de Hauk gungen, dat is all lang vörbi. Well weit noch, wat ein Peerdestrate is un ein Padje? Moij bin vandage noch de Kuutzen un Kremser, dej bliede Badegasten mit lachende Oogen dör de moje Börkumer Natür kröijen. Un up de Weide sücht man noch Peerden an’t jagen. Ein heerleke Ankiek.
Aber ist das schon so lange her, dass auf Borkum die Kleinbahn mit dem Rollwagen (siehe Luftaufn. 1956; A5-T6 u. A6-T3) kam, um die Waren (hier: Kram, Zeug) zu den Geschäften (Winkel: holländisch - kleines Eckgeschäft) zu bringen? Und der Abfallwagen mit den Hunzeröhren (Anm.: Hunze, ehemaliger Bürgermeister, der die Abfalltonnen einführte) oben drauf, wer kennt die noch? Und der Totenwagen mit den pechschwarzen Pferden davor, die bei Dahlmeyer (Familienhaus auf dem Weg zum Friedhof) um die Ecke gingen, das ist schon lange vorbei. Wer weiß noch, was eine Pferdestraße ist und ein (Fuß-) Weg? Schön sind heute noch die Kutschen und Kremser, die vergnügte Badegäste mit lachenden Augen durch die schöne Borkumer Natur ziehen. Und auf der Weide sieht man noch galoppierende (hier: Pferde am Jagen) Pferde. Ein herrlicher Anblick.
Bleven bin noch olde Woorden up Platt, so as Peerdeblaumen off Peerdebohnen. De Kinder harrn ein Hoppelpeerd un Mensken, dej völ an’t knaujen un wuraken bin, neumt man Pöselpeerden. Dat seggt vandage gein Menske mehr, dat kummt all in’t Vergetelbauk, nett as de olderwelske Spreekwoorden. Wat bedütt dat: ein old un ein jung Peerd an ein Düsselboom, dat döggt neit! Nix anders as old un jung hört neit up ein Deele. Begriepen kann man uk disse Woorden: De Krankte kummt faak so gau as ein Peerd un geiht tau Faut weer weg. Hett ein Menske ein Wark, waar heej Stünden bi sitt tau tiepeln, see man frauger: Daar kriggt man ja Peerdeogen bi!
Geblieben sind noch alte Wörter auf Platt, so wie Pferdeblumen oder Pferdebohnen. Die Kinder hatten ein Schaukelpferd und Menschen, die über- mäßig arbeiten und schuften, nennt man Arbeits- pferd. Das sagt heute kein Mensch mehr, das kommt alles in Erinnerungsbuch (hier: vergeten- vergessen), genau wie die altertümlichen Sprich- wörter. Was bedeutet dies: Ein altes und ein junges Pferd an einer Deichsel, das taugt nichts! Nichts anderes, als das alt und jung nicht auf einer Diele gehören. Begreifen kann man auch diese Worte: Die Krankheit kommt oft so schnell wie ein Pferd und geht zu Fuß wieder weg. Hat ein Mensch eine Arbeit, wo er Stunden dabei sitzt zu fummeln, sagte man früher: Da bekommt man ja Pferdeaugen (bei).
Was ein Mann ein bitje unnösel, kunn man hören: Waar Rook is, is uk Für, see de Jung, daar wull heej de Piepe mit’n dampen Peerdekötel anstoppen! Mit Woorden kann man uk pieren: Ein Frou kann mehr mit de Skude utdragen, as de Mann mit Peerd un Wagen infahren! Un ein ander Woord was: Da hebben wi Gotts Woord swart up witt, see de Buur, daar sagg heej de Pestoor up ein Schimmel sitten!
War ein Mann ein wenig tollpatschig, konnte man hören: Wo Rauch ist, ist auch Feuer, sagte der Junge, da wollte er die Pfeife mit einem dampfen- den Pferdeapfel anzünden. Mit Worten kann man auch reizen (sticheln): Eine Frau kann mehr mit der Schürze raus tragen, als der Mann mit Pferd und Wagen einfahren kann! Und ein anderes Wort war: Da haben wir Gottes Wort schwarz auf weiß, sagte der Bauer, da sah er den Pastor auf einem Schimmel sitzen!
Un was ein Peerd neit so heil flügg, wussen de Mensken, wat hulp tegen de Krankte. Was ein Peerd dämpeg, (bi de Mensken seggt man kaartaameg) smeerde man de Rügge mit ein Gaudje in, dat was ut Branndewien, Wittwien un Botter sünder Sollt. As de Mensken frauger in Holland Piene in de Hals harrn, gaff man hör Peerdestrunt tau updragen. Disse „Medizin“ neumde man „Sirop de St. Luther“ - Straup van de heilige Luther. De Reformator sull s’mals ein Rippenfellentzündung hatt hebben - un was dör disse Baul na ein Sett weer gesund.
Und wenn das Pferd nicht so ganz munter war, wussten die Menschen, was gegen die Krankheit half. War ein Pferd kurzatmig (bei den Menschen sagt man kaartaameg kurzatmig?), schmierte man den Rücken mit einem Zeug ein, das war aus Branntwein, Weißwein und Butter ohne Salz. Wenn die Menschen früher in Holland Schmerzen im Hals hatten, gab man ihnen Pferdemist zum Auftragen. Diese „Medizin nannte man „Sirop de St. Luther“ - Sirup von dem heiligen Luther. Der Reformator soll einmal eine Rippenfellentzündung gehabt haben - und wurde durch diesen Kram (Sache) nach einer Zeit wieder gesund.
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
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