Alt - Borkum Der Strand um 1901 Der Strand um 1883 T O P T O P
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Die folgende lustige plattdeutsche Erzählung erlaubt Einblicke in die Problematik “Essen und Trinken”.
Van Eeten un Drinken Van Eeten un Drinken
Jan Schneeberg
Hinweis: Da auch die plattdeutsche Sprache - wie grundsätzlich jede Sprache - oft erst sinnentnehmend erschließbar wird, wurden zum besseren Verständ- nis der Sprachbildung an speziellen Stellen eine fast wörtliche Übersetzung von Teilsätzen und Begriffen innerhalb runder Klammern ( .. ) aufgezeigt.
Sprachausgabe des plattdeutschen Textes!
Start der Sprachausgabe: Mausklick auf das obige Dreieck
Van Eeten un Drinken
Vom Essen und Trinken
Heeren, dej in ein Dörp off Stadt wat tau seggen harrn, neumde man frauger Honoratioren. Heil klauge un fiene Lü. Gaude Börgers. Bi dej muss man umhoog kieken. Tegen avend kunn man hör meisttied in ein Kraug finnen, vör ein Glas Beier off ein lecker Kluckje Wien un off un tau kwamm uk wat tau eten up de Tavel. Tegen ein Stückje Fleis seggt man noit van Nee, uk neit, as de Kökske heil wat Besünders anbeiden kann. Tütjes harr seej in de Pott, dat bin Feldhaunder off Rebhüher.
Herren, die in einem Dorf oder in einer Stadt etwas zu sagen haben, nannte man früher Honoratioren. Sehr kluge und feine Leute. Gute Bürger. Man muss zu ihnen empor blicken. (wörtlich: Bei ihnen muss man hoch gucken) Gegen Abend kann man sie meistens in einem Gasthaus (Krug, Kneipe) finden, vor einem Glas Bier oder ein Schlückchen Wein und ab und zu kam auch etwas zu essen auf den Tisch. Zu (hier: gegen) einem Stückchen Fleisch sagt man nie (von) Nein, auch nicht, wenn die Köchin etwas ganz Besonderes anbieten kann. „Tütjes“ hatte sie im Topf, das sind Feldhühner oder Rebhühner.
De Heeren kwammen vör wiet over hundert Jahr neit in Olldagspackje, nee, heil fien in de Slipprock, up hoogdüts „Bleib hinter mir“. Ein Gör kwamm tau de Köken ut, daar leip dat Water in de Mund binander. Un dat dürde man ein Settje, daar laggen de heerleke Vogels tau dampen up de Teller, wall lecker. Un de Heeren leiten sück dat Eeten wall mundjen. Tiss ja spietlek, dat man satt is, see eine van de Eeters un sien Paschepanten wassen an’t nickkoppen. T’was noch ein Deier over, man dat Liefke stunn all up Knappen. De dickste Freter mit ein Pans as ein Amtmann keek stiekum achter sück, namm heil gau de lecker braden Vogel, dee hum in ein Serviette un stoppde dat Pütje in de grote Taske van de Slipprock. De Wirtsmann, neit bang, harr dat all lang mitkregen. Heil bedaad kwamm heej anlopen, namm de Soßepott un goot de lecker brune Gaudje in de ander Taske: Ein bitje Soße hört d’r mit tau!
Die Herren kamen vor weit über hundert Jahren nicht in der täglichen Kleidung (Alltagspäckchen), nein, sehr fein im Frack (Cutaway), auf hochdeutsch „bleib hinter mir“. Ein Geruch kam aus der Küche, da lief das Wasser im Munde zusammen. Und es dauerte nur einen Augenblick, da lagen die herrlichen Vögel 'zu dampfen' auf dem Teller, sehr (hier: bestimmt) lecker. Und die Herren ließen sich das Essen wohl munden. Es ist schade, dass man satt ist, sagte einer der Esser und seine Begleiter nickten. Es war noch ein Tier über, aber das Bäuchlein stand vor dem Platzen. Der dickste Fresser mit einem Wanst wie ein Amtmann blickte heimlich hinter sich, nahm schnell den leckeren gebratenen Vogel, legte ihn in eine Serviette und stopfte das Tütchen in die große Tasche des Fracks. Der Wirt, nicht bange, hatte das schon längst mitbekommen. Sehr ruhig kam er angelaufen, nahm den Soßentopf und goss das leckere braune Zeug in die andere Tasche: Ein bisschen Soße gehört dazu!
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Joke un Geertje satten nett um Middag an de Tavel, as de Pestoor binnen kwamm. Gediegen, off heej de Röök na gung off de Uhr in de Kopp harr, well kann dat weiten. As dat so is in Oostfreisland, stunn d’r gau ein Teller för hum un Ollske skeppde up. T’gaff rode Kohl mit Speck un feine witte Tuffels. „De Roodkohl is heil lecker“, see de Pestoor, man Geertje gaff taurügg, dat was Buuskohl. „Nee“, lachde de Pestoor, „dat sücht doch elk un ein, Buuskohl is witt un hier is Roodkohl in de Kumme“.
oke und Geertje saßen gerade um die Mittagszeit am Tisch, als der Pastor rein kam. Merkwürdig, ob er dem Geruch nachging oder die Uhr im Kopf hatte, wer kann das wissen. Wie das so ist in Ostfriesland, stand schnell ein Teller vor ihm und die Frau (ältere Hausfrau) legte auf (eigentlich schaufeln). Es gab roten Kohl mit Speck und feine weiße Kartoffeln. „Der Rotkohl ist sehr lecker“, sagte der Pastor, aber Geertje antwortete (gab zurück), das sei Weißkohl. „Nee“, lachte der Pastor, „das sieht doch jeder, Weißkohl ist weiß und hier ist Rotkohl in der Schüssel“.
Man nu wull Joke de Baul verklaren. „Dat is wiss Buuskohl ut mien eigen Tune. Man Ollske hett ehrgüstern hör rode Underbrauk wusken, dej mit de lange Piepen. Un de elendege rode Klör is d’r meist utgahn un ja wall in de Pott hangen bleven. Dat is de beste Kookpott, dej wi hebben un so is ut de witte Buuskohl nu rode Kohl.“
Aber jetzt wollte Joke die Sache erklären. „Das ist bestimmt Weißkohl aus meinem eigenen Garten. Aber meine 'Alte' hat vorgestern ihren roten Unterrock gewaschen, der mit den langen Hosen- beinen. Und die furchtbare rote Farbe ist fast alles (hier: meistens) rausgegangen und im Topf hängen geblieben. Das ist der beste Kochtopf, den wir haben und so ist der Weißkohl nun Rotkohl“.
Dat de Pestoor miteins gein Tied mehr harr un gein Happ mehr eten hett, dat kunnen Joke un Geertje neit begriepen.
Das der Pastor mit einem Mal keine Zeit mehr hatte und keinen Happen mehr gegessen hat, das konn- ten Joke und Geertje nicht verstehen.
Smakelk Eeten
Guten Appetit
Borkum Borkum